Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr. Schon während der Schwangerschaft philosophieren angehende Mütter und Väter über die richtige Erziehung. Themen der Debatte sind u.a.:
- Welche Werte wollen wir unserem Kind mitgeben?
- Was tun mit einem Dickschädel?
- Wie wichtig ist uns Disziplin?
- Lassen wir alles „durchgehen“?
- Sollen wir bestrafen? Wenn ja, wie?
- Reichen Liebe, Fürsorge und Verständnis dann noch aus?
All diese Fragen stellen sich erst dann, wenn der Nachwuchs seinen eigenen Willen entdeckt und sich in der Familienkonstellation behauptet. Dann beginnen Auseinandersetzungen, anstrengende Diskussionen sowie schwelende Konflikte. Eltern werden laut, vergreifen sich im Ton und sind mit ihrem Latein am Ende. Das angesäuerte Familienklima fühlt sich an wie ein gordischer Knoten.
Gordon Familientraining
Thomas Gordon hat eine Methode entwickelt, mit der so mancher gordischer Familienknoten entflochten wurde. Der amerikanische Psychologe und Psychotherapeut verfolgt den Grundsatz, dass starke, partnerschaftliche Familienbande die Basis für ein Zusammenleben in Achtung und Verantwortung sind. Sein Modell kommt für alle Elterngruppen in Frage. Es rüstet frischgebackene Mütter und Väter mit Kenntnissen aus, befähigt Eltern mit Schulkindern und wappnet für die Pubertät. Gordon veröffentlichte 1970 dazu das Buch „Familienkonferenz“. Dazu erstellte er ein Training, welches praktisch seine Maxime umsetzt.
Inhalte
Das Gordon Familientraining stützt sich zwar auf Erkenntnisse der Gesprächspsychotherapie, ist aber kein Therapieangebot. Die Kurseinheiten setzten sich aus verschiedenen Aspekten zusammen:
- Definition und Reflexion der Elternrolle: Was heißt es Eltern zu sein? Wie stark ist der gesellschaftliche Druck? Wie hoch sind die eigenen Ansprüche? Ist Elternsein ein Entwicklungsprozess? Sind Eltern auch nur Menschen?
- Lebenserfahrung durch zwischenmenschliche Bindungen: Gesellschaftsfähige Menschen brauchen Kontakte untereinander. Das gelingt nur mit einem offenen, ehrlichen Auftreten und Handeln.
- ICH rede von mir: Wer von sich spricht, nimmt sich selbst wahr und wird von seiner Umwelt eher verstanden. Kinder praktizieren das ganz selbstverständlich.
- DU kannst dich auf mich verlassen: Ist Tun und Mühen der Eltern nachvollziehbar, fühlen Kinder sich geborgen. Sie brauchen die Garantie einen Mann/Frau in der Not zu haben. Dieses Wissen schult angemessenes Reagieren.
- Ohren spitzen: Hinter manchem Gefühlsausbruch steckt ein völlig anderes Problem. Eltern lernen getarnte Botschaften zu entschlüsseln und ihr Kind besser zu verstehen.
- Verhalten ändern: Verletzen Kinder Verhaltensregeln entstehen Konflikte. Konfrontierende Ich-Botschaften der Eltern geben dem Nachwuchs die Chance zur Korrektur.
- Kein Machtgehabe: Eltern und Kinder sind sich in ihren Bedürfnissen ebenbürtig. Dieser Denkansatz führt aus der Bredouille.
- Werte vermitteln ohne zu manipulieren: Besucht ein Kind die Schule, wird es mehr und mehr von außen geprägt. Hier lernen Eltern Tipps und Tricks steuernd einzuwirken.
Organisation und Ablauf
Dieser Elternkurs umfasst 30 Stunden; er ist auf je 10 Abende oder drei Wochenenden verteilt. Nach Trainingsende erhalten alle TeilnehmerInnen einen Fragebogen, durch den die Kursleitung ein Feedback erhält. Das Programm ist wissenschaftlich anerkannt, über 60 Studien bestätigen seine positiven Auswirkungen. SeminarleiterInnen verfügen meist über eine pädagogische oder psychologische Ausbildung, ihre Qualifikation zum Gordon Familientraining dauert 130 Stunden.
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