Stellen Sie sich vor, Sie wachen morgens auf, räkeln sich aus dem Bett und traben in der Gewissheit ins Bad, dass ihr Spiegelbild Ihnen denselben Menschen wie noch gestern Abend zeigen wird. Und dann der Schock: Ihr makelloses Gesicht glänzt fettig, und auf Stirn und Nase haben sich unansehnliche Pickel breit gemacht. Flankiert von zwei Mitessern auf der rechten Wange, die fröhlich Guten Morgen winken.
Ihre Brüste sind über Nacht um mindestens eine Körbchengröße gewachsen, ihre Hüften und ihr Bauch runden sich zudem als ob sie wieder schwanger wären. Das können doch definitiv nicht Sie sein, oder? Denn Sie sahen doch gestern noch ganz anders aus! Und? Wie geht es Ihnen bei der Vorstellung?
Würden Sie einfach nur die Achseln zucken, die im Übrigen nicht rasiert sind, obwohl sie doch gestern noch glatt wie ein Baby-Popo waren, und sich dennoch gut gelaunt und sprühend vor Elan an den Haushalt oder ins Büro schwingen? Wohl kaum! Wieso erwarten Sie das dann von Ihrem pubertierenden Kind?
Die Pubertät aus Sicht der Erwachsenen
Leider neigen viele Erwachsene und in diesem Fall insbesondere Eltern dazu, die Pubertät als Plage abzutun und sie nicht als das anzusehen, was sie wirklich ist: Der wichtigste und auch schwierigste Entwicklungsschritt, den ihr Kind zu absolvieren hat.
Das eigene, vielleicht gerade ein wenig komplizierte Kind wird mit dem pflegeleichten aus dem Bekanntenkreis verglichen, das den Begriff Pubertät noch nie gehört zu haben scheint bzw. bei dem unvorstellbar ist, dass es sich gerade ebenfalls in dieser Phase befinden soll. Stimmungsschwankungen, Unsicherheiten, Schwärmereien oder auch Interessen werden lapidar mit den Worten: „Das ist die Pubertät – das geht auch wieder vorbei!“ abgetan, ohne den jungen heranwachsenden Menschen dabei wirklich ernst zu nehmen, geschweige denn, ihn in seinem Denken und Handeln verstehen zu wollen.
Und natürlich nicht zu vergessen, die ungemein hilfreichen Vergleiche, dass früher alles anders war und vor allem so viel einfacher. Die Jugendlichen von heute hingegen seien überhaupt nicht mehr zu verstehen, geschweige denn, in die richtige Richtung zu schubsen.
Das Schöne am Erwachsen-Sein ist, dass man sehr schnell vergisst, wie man selbst war, als es darum ging, erwachsen zu werden. Und das ist noch nicht einmal vorwurfsvoll gemeint, denn wir neigen dazu, die Dinge zu vergessen oder zu verdrängen, die mit unangenehmen Gefühlen verbunden sind, und rufen uns stattdessen in Erinnerung zurück, was uns glücklich gemacht hat, was uns hat lachen lassen, woran wir auch im hohen Alter noch zurückdenken möchten. Aber eines ist klar: Auch unsere Eltern sind mit uns durch die pubertäre Hölle gegangen!
- Arp, David (Autor)
Die Pubertät aus Sicht der Pubertierenden
Von Heranwachsenden, die im Verlauf der Pubertät fast ohne Vorwarnung nicht nur ihren kindlichen Körper abstreifen, sondern auch ihre komplette Kindheit ablegen werden, wird diese Zeit absolut unterschiedlich empfunden.
Die einen finden sie einfach nur schrecklich und werden durch die Veränderungen ihres Körpers zunehmend verunsichert. Beispielsweise dann, wenn der erste BH gekauft werden muss, oder die erste Regelblutung einsetzt, wenn das Wachstum anstatt in die Höhe zuerst in die Breite schießt, und zu allem Überfluss auch noch Hautunreinheiten sichtbar werden.
Die hormonelle Umstellung und die Achterbahnfahrt im Gehirn tun ihr Übriges, um sich in der eigenen Haut nicht mehr wohl zu fühlen. Das Wissen, die genau diese Haut momentan nicht abstreifen zu können, über kurz oder lang aber die kindliche Hülle ablegen und erwachsen werden zu müssen, macht es dabei nicht gerade einfacher. Denn hier herrscht vor allem die Angst vor dem, was kommt.
Andere Heranwachsende hingegen genießen die Pubertät mit all ihren Herausforderungen, Abenteuern und Freiräumen. Sie fiebern dem Kauf des ersten BHs schon Monate vorher entgegen, freuen sich auf den ersten Kuss, den ersten festen Freund oder die erste feste Freundin, können die erste richtige Party und das erste Ausgehen kaum abwarten. Sie stürzen sich sorglos in die abenteuerliche Entwicklung, schauen einfach, was passiert und freuen sich über jede sichtbare Veränderung, die auch ihrem kindlichen Körper einen erwachsenen werden lässt.
Natürlich durchleben auch sie Phasen der Unsicherheit, der Zerrissenheit und vor allem das Zwischen-den-Stühlen-Stehen. Denn auf der einen Seite fühlen sie sich schon fast erwachsen, werden aber von den Älteren nur müde belächelt, auf der anderen Seite würden sie auch gerne noch ein wenig Kind sein, können aber mit Jüngeren nichts mehr anfangen und möchten sich auch nicht mehr mit ihnen abgeben.
Und natürlich gibt es auch Kinder, die so gar nicht wissen, was mit ihnen passiert, beispielsweise, wenn die Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale viel zu früh einsetzt, die geistige und vor allem emotionale Entwicklung des Kindes diesem Reifungsprozess jedoch weit hinterher hinkt.
Der Kompromiss zur Pubertät
Wenn mich jemand fragen würde, ob ich noch einmal jung sein möchte, würde ich das natürlich bejahen – zumindest wenn ich dabei entweder mein Wissen von heute beibehalten oder die Pubertät komplett überspringen dürfte. Und ich glaube, dass kaum ein Erwachsener diese Frage anders beantworten würde.
Niemand möchte ein pubertierender Teenager sein – also hören Sie am besten auch gleich damit auf, zu denken, dass diese Zeit Ihrem Kind nichts ausmacht und es da einfach durch muss.
Denn gerade jetzt braucht Ihr Kind:
- Ihre Ohren, die zuhören
- Ihre Augen, die Acht geben
- Ihren Mund, der in Kommunikation bleibt
- Ihre Arme, die notfalls auffangen
- Ihren Gleichgewichtssinn, der hält und loslässt
- Ihr Herz, das bedingungslos liebt
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