Dass die Geburt des Babys für Mutter und Kind alles andere als ein Spaziergang ist, ist mittlerweile hinlänglich bekannt, auch wenn sie bei jeder Gebärenden anders ist und auch anders wahrgenommen wird. Was aber die meisten Mütter gemeinsam haben: Sie schreien unter der Geburt und den Geburtsschmerzen. Für die einen die natürlichste Sache der Welt, für die anderen hingegen schon im Vorfeld ein immer wiederkehrender Albtraum, da sie sich nicht vorstellen können und auch gar nicht erst vorstellen möchten, sich vor den behandelnden Ärzten, der Hebamme und dem Kindsvater jemals so gehen zu lassen.
Muss man – oder besser: Frau – sich also schämen, wenn sie das gesamte Krankenhaus zusammenschreit, den Mann verflucht, der ihr das angetan hat und mit dem sie sich noch Tage oder sogar wenige Stunden zuvor eng aneinander gekuschelt in den schönsten Farben ausgemalt hat, wie wundervoll es sein wird, wenn die Familie endlich komplett ist?
Die Antwort ist sehr simple: Einfach gar nicht darüber nachdenken – weder im Vorfeld, geschweige denn im Kreißsaal selbst. Denn hier zählt nur, was der werdenden Mutter gut tut. Von der Hand zu weisen ist dementsprechend nicht, dass vor allem das Schreien den Geburtsschmerz anscheinend erträglich macht. Nicht, dass er dadurch wirklich gelindert wird, aber das Schreien sorgt offensichtlich für neue, erforderliche Energieschübe und mobilisiert so auch die letzten, noch so versteckten Kraftreserven, sobald sie gebraucht werden.
Viele Hebammen erklären werdenden Müttern in diesem Zusammenhang die unsichtbare, aber elementare Verbindung zwischen Mund und Muttermund. Denn wenn die werdende Mutter ihren Mund öffnet, alles um sich herum vergisst und einfach all das, was sie fühlt, los- und herauslässt, dann öffnet sich auch der Muttermund, um dem Kind den Weg zu ebnen und es losgelöst in die Welt zu entlassen.
Das ist zwar nicht in jeder Kultur so, da es auch Gebärende anderer Nationen gibt, die während der Geburt wirklich keinen einzigen Ton von sich geben, doch bei uns ist das Schreien werdender Mütter im Kreißsaal anscheinend wirklich fast schon die natürlichste Sache der Welt. Ärzte und Hebammen würden sich eher wundern, wenn es nicht so wäre. Vor ihnen kann man sich also weder blamieren, noch muss einem irgendetwas peinlich sein. Warum auch?
Schließlich bringt man gerade ein kleines Wunder zur Welt und schafft einen sehr besonderen und magischen Moment. Und um nichts anderes geht es als um diesen magischen Moment, in dem das eigene Kind das Licht der Welt erblickt, seinen ersten Schrei tut, um dann endlich seiner überglücklichen Mutter in die Arme gelegt zu werden. Denn genau in diesem Moment gehört all das, was vorher war, der Vergangenheit an und scheint durch Zauberhand und Sternenstaub in der Erinnerung sanft zu vernebeln. Und zwar nicht nur bei der frischgebackenen Mama!
Und was den Kindsvater betrifft, der unter Umständen durch das Schreien peinlich berührt sein könnte, was unter uns gesagt natürlich völlig überflüssig und damit auch leider total blöd ist: Wenn Sie wirklich Angst haben, sich vor ihm zu blamieren, oder das Gefühl haben, dass er mit der Situation eventuell nicht umgehen können wird, dann reden Sie mit ihm darüber. Vorher, offen, ehrlich und ohne jede Scheu. Vielleicht kommen Sie zu der gemeinsamen Entscheidung, dass er im Kreißsaal vielleicht doch nicht so gut aufgehoben sein könnte.
Aber lieber so, als wenn Sie sich im Kreißsaal krampfhaft versuchen, zurückzuhalten und ihre Gefühle zu unterdrücken. Denn Zurückhaltung ist das Letzte, woran Sie in der Zeit, in der Sie Ihr Kind zur Welt bringen, denken oder worin Sie sich üben sollten.
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