Pubis, wie wir sie insgeheim liebevoll nennen, obwohl wir unsere pubertierenden Teenager genauso oft, aber dafür wahrscheinlich auch weniger liebevoll an die Wand klatschen könnten, sind eindeutig immun gegen alles, was mit Zwang zutun hat. Wie sonst ist es zu erklären, dass der Müll noch immer nicht nach unten gebracht wurde, das Kinderzimmer noch immer im Chaos versinkt, die Schmutzwäsche noch immer nicht ihren Weg in den Wäschekorb gefunden hat und statt dessen weiter ihr liebloses Dasein in allen erdenklichen Ecken fristen muss? Es ist der Druck, den wir ausüben! Und da Pubertierende oft genug nicht nur durch Unordentlichkeit und Unzuverlässigkeit glänzen, sondern uns auch durch allerlei sonstige Eskapaden an den Rand des Nervenzusammenbruchs zu bringen drohen, haben wir zumindest, was das jugendliche Chaos betrifft, die Oberhand. Schließlich ist unser Wort Gesetz! Und wenn wir sagen: „Heute räumst Du auf!“ oder „Das machst Du jetzt sofort!“, dann wird das auch gemacht – oder vielleicht doch nicht?
Der Unterschied zwischen Kids und Teens
Bei Kids funktioniert die sofortige Aufräumansage, wenn auch vielleicht ab und an mit einstündiger Verspätung, weil erst noch der Trotzanfall geprobt oder die Schmollschnute zur Schau getragen werden möchte. Aber letztendlich sitzen Mama und Papa hier definitiv am längeren Hebel. Denn jüngere Kinder hinterfragen nicht, warum sie ihr Zimmer gerade jetzt oder heute aufräumen sollen, wenn es doch schon seit Wochen gleich chaotisch aussieht. Zwar versuchen auch sie, sich mit Händen und Füßen dagegen zu wehren, letztendlich aber wird in den meisten Fällen aufgeräumt. Teens hingegen hinterfragen und erkennen dementsprechend auch die – zumindest für sie – willkürlichen Anordnungen. Dabei sind sie besonders immun gegen das „Heute!“, “Jetzt“ oder “Sofort!“. Denn wenn das Chaos über Wochen niemanden gestört hat, warum muss es dann ausgerechnet heute, jetzt oder sofort beseitigt werden – zumal es den Bewohner oder die Bewohnerin des Zimmers noch nicht einmal im Ansatz stört? Genau hier liegt der Hund begraben: Teens wollen wie Teens und damit wie Heranwachsende behandelt werden, nicht mehr wie kleine Kinder, denen man jederzeit sagen kann, was sie zu tun und zu lassen haben.
Die Pubertät verlangt nach einer Zeitumstellung
Natürlich bedarf es vor allem in der Pubertät klarer Regeln. Dennoch sollten diese immer wieder hinsichtlich ihres Nutzens und hinsichtlich ihrer Wirkung überprüft werden. Ist es den Machtkampf und die Nerven wirklich wert, darauf zu bestehen, dass das Zimmer heute aufgeräumt werden muss? Oder ist es nicht vielleicht besser, dafür einen Zeitrahmen abzustecken, innerhalb dessen Sohn oder Tochter selbst entscheiden kann, wann es was macht? Dazu gehören auch die Regelungen für die Erledigung der Hausaufgaben und der Tätigkeiten im Haushalt, die in der Verantwortung Ihres Kindes liegen? Müssen die Hausaufgaben wirklich immer direkt nach der Schule erledigt werden, oder reicht es nicht auch, wenn diese abends bis um 19:00 h erledigt sind – zumindest die Aufgaben, die am nächsten Tag gebraucht werden?
Muss der Müll wirklich jeden Tag nach dem Mittagessen heruntergebracht werden? Warum nicht einfach dann, wenn Ihr Kind eh das Haus verlässt – auch wenn das vielleicht erst wieder am nächsten Morgen auf dem Weg zur Schule ist? Ja, Heranwachsende brauchen Regeln und sie brauchen Grenzen. Aber beides sollte nicht zu starr eingerichtet sein, weil es der Zeitrechnung von Pubertierenden komplett widerspricht und widerstrebt. Sie können und sie wollen auch teilweise nicht verstehen, warum die Spülmaschine nicht noch eine halbe Stunde lang darauf warten kann, eingeräumt zu werden, bis sie ihr Telefongespräch beendet, ihre Mail fertig geschrieben oder das nächste Level in ihrem Computerspiel erreicht haben. Denn “aufgeschoben“ ist auch bei Pubertierenden nicht immer gleichbedeutend mit “aufgehoben“. Manchmal aber kann das Aufschieben dürfen einer oder mehrere Aufgaben für einen wesentlich entspannteren Alltag sorgen. Stellen Sie einfach mal die Uhren um, und versuchen Sie, der Zeitrechnung Ihres Pubis ein wenig entgegenzukommen.
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