Auch dieses Jahr wieder werden viele Eltern vor der Entscheidung stehen, ob sie ihr Kind früher – also bereits mit fünf Jahren – einschulen lassen sollen. Derzeit besteht diese Möglichkeit für alle Kinder, die zwischen dem 1. Juli und dem 1. Oktober ihr sechstes Lebensjahr erreichen und natürlich den Schuleignungstest bestehen. Alle Kinder, die bis zum 30. Juni sechs Jahre alt werden, fallen ohnehin unter die Schulpflicht.
Was also tun? Das Kind lieber noch ein wenig länger Kind sein lassen? Ihm die Chance bieten, sich zu beweisen und von den älteren Kindern zu profitieren und zu lernen?
Der Trend geht zur frühen Einschulung
Auch wenn der Trend dahin geht, Kinder bereits mit fünf Jahren einschulen zu lassen, ist dies für die kindliche Entwicklung nicht immer förderlich. Im Gegenteil. Eine neue Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsförderung in Mannheim in Zusammenarbeit mit der Leibniz-Universität in Hannover kommt zu der Erkenntnis, dass die vorzeitige Einschulung für die betroffenen Kinder oftmals mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringt.
Natürlich gibt es Kinder, bei der eine frühzeitige Einschulung sinnvoll ist. Dabei handelt es sich nicht nur um Kinder, die allein aus intellektueller Sicht weiter gefördert werden möchten, sondern die vor allem auch in emotionaler und sozialer Hinsicht so weit gefestigt sind, dass sie sich gegenüber den älteren Kindern in der Klasse behaupten können. Doch genau diese emotionale und soziale Reife wird bei der früheren Einschulung mit fünf Jahren oftmals außer Acht gelassen. Und genau hier beginnt für die Kleinen ein Teufelskreis aus Nachteilen und negativen Konsequenzen.
Zu jung, zu klein, zu schwach, um sich zu behaupten
Gerade bei Kindern zeigen sich die Entwicklungsunterschiede deutlich – sowohl in intellektueller als auch in emotionaler und sozialer Hinsicht. Schon wenige Monate Altersunterschied können hier eine ganze Menge ausmachen. Nichtsdestotrotz sind vor dem Klassenlehrer und auch den anderen Lehrern, die hier unterrichten, alle Kinder gleich.
In den seltensten Fällen wird berücksichtigt, ob ein Kind erst fünf Jahre alt ist, gerade sechs geworden ist oder schon fast sieben wird. Dementsprechend muss sich ein früh eingeschultes Kind immer mit den Älteren in der Klasse und ihren Leistungen vergleichen lassen. Und das in jeder Hinsicht.
Dazu kommt, dass auch die älteren Kinder die jüngeren sehr genau unter die Lupe nehmen und sich mit ihnen messen wollen. Kein Wunder, denn die Chance, hier besser abzuschneiden als Gleichaltrigen gegenüber, ist enorm. Das kann der Sport, die Auseinandersetzung auf dem Schulhof, aber auch einfach die Diskussionsfähigkeit im Unterricht sein.
Kein Wunder also, dass die Jüngsten in der Klasse oft genug als zu jung, zu klein und zu schwach angesehen werden, um sich zu behaupten und mit der Klasse Schritt zu halten.
Nachhilfeunterricht vorprogrammiert
Nicht selten geht die vorzeitige Einschulung später mit der Wiederholung einer Klasse einher, da jüngere Kinder oftmals hinter den erwarteten Leistungen zurückbleiben. Erwartungen, die sich natürlich an den Leistungen der älteren Kinder orientieren, mit denen aber gerade die Jüngsten in der Klasse nicht mithalten können.
Auch wenn Eltern bei der umgangssprachlich als “Ehrenrunde“ bekannten Klassenwiederholung heimlich denken: „Gut, dass wir unser Kind damals haben früher einschulen lassen. Selbst, wenn es jetzt eine Jahrgangsstufe wiederholen muss, wird es bei seinem Schulabschluss genauso alt sein wie die meisten anderen Kinder auch!“.
Hier wird eine Überlegung außer Acht gelassen: Hätte das Kind die Klasse auch wiederholen müssen, wenn es erst später eingeschult worden wäre? Wahrscheinlich nicht. Denn die meisten der früher als eigentlich nötig eingeschulten Kinder kommen irgendwann nur noch mit Nachhilfe durch die Schulzeit.
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- Krenz, Armin (Autor)
Vorzeitige Einschulung: Weitere negative Begleitumstände
Auch wenn diese möglichen Nachteile eigentlich schon ausreichend genug sind, sollen dennoch die weiterhin möglichen negativen Konsequenzen nicht verschwiegen werden. Denn ebenfalls nicht aus den Augen verloren werden, darf der Aspekt, dass Kinder untereinander manchmal eben auch grausam sein können.
Deshalb werden gerade die Jüngeren der Klasse oftmals Opfer der älteren. “Mobbing in der Schule“, trifft wesentlich häufiger auf die Jüngsten der Klasse zu als umgekehrt. Denn sie sind sehr oft – wie bereits erwähnt – zu jung, zu klein und zu schwach, um sich zu behaupten. Könnte es ein besseres Opfer geben?
Wissenschaftler fanden heraus …
Wissenschaftler der FU Berlin und des Essener RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung haben heraus gefunden, dass jüngere Kinder im Durchschnitt schlechtere Ergebnisse in Fächern wie Mathematik oder Deutsch erzielen. Eine weitere Studie hat diese Funde bestätigt und erweitert, denn laut der im Ruhr Economic Papers veröffentlichten Studie gehen jüngere Kinder auch weniger oft aufs Gymnasium. Insgesamt soll sich die vorzeitige Einschulung jedoch nicht negativ auf die Karriere des Kindes auswirken.
Empfehlung
Wer also in diesem Jahr ebenfalls vor der Entscheidung steht, sein Kind früher einschulen zu lassen, sollte sich keinesfalls von den Erwartungen der Außenwelt beeinflussen lassen. Nehmen Sie ihr Kind kritisch, fair und vor allem objektiv in Augenschein. Sie können dann entscheiden, ob es nicht nur rein von seinen kognitiven Fähigkeiten her in der Lage ist, eingeschult zu werden, sondern auch von seinen emotionalen und sozialen Fähigkeiten her.
Foto © Christian Stoll Adobe Stock
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