Die Freude über sehnlich erwartete Baby ist groß, bis die frischgebackenen Eltern feststellen, dass ihr Kind nicht gerade der beste Schläfer ist: Es besteht auf Körperkontakt, tagsüber und nachts, sonst droht alarmiertes Geschrei. Was dann oft hilft, damit alle Familienmitglieder entspannte Nächte genießen dürfen, ist das Familienbett. Doch ist das nicht gefährlich?
Was ist ein Familienbett?
Unter dem Begriff Familienbett versteht man landläufig das Co-Sleeping, also das gemeinsame Schlafen mindestens eines Elternteils mit dem Kind. Meist wird dieses Schlafverhalten der Familie aus der Not heraus geboren, denn die überwiegende Zahl der werdenden Eltern stellt sich die nächtlichen Gewohnheiten ihres Sprösslings ganz anders vor als sie dann tatsächlich sind.
Sie kaufen ein eigenes Babybettchen und stellen es ins Elternschlafzimmer, weil sie den gängigen Empfehlungen von Kinderärzten folgen möchten. Dann glauben sie, das Baby müsse nachts zwei bis drei Mal gestillt, könne danach aber in sein eigenes Bettchen gelegt werden. Dort schläft es dann natürlich allein weiter. Mama und Papa sind ja da.
Oft genug jedoch haben die Neuankömmlinge eigene Vorstellungen von geborgenen Nächten. Und spätestens, wenn Eltern eine Woche oder länger kaum eine Minute Schlaf bekommen, weil Kinder eben nicht so funktionieren, wie mit Studien wedelnde Experten das gerne hätten, wird klar: Es muss eine Lösung gefunden werden. Aber was genau bringt viele Kinder dazu, vor allem nachts Körperkontakt einzufordern?
Familienbett: Darum ist der Körperkontakt so wichtig
Stellen Sie fest, dass Ihr Baby nicht allein schläft, verzweifeln Sie nicht. Dieses Verhalten ist ganz normal, denn es existiert wohl kaum ein hilfloseres Wesen als ein menschliches Neugeborenes. Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick auf die Evolution werfen.
Gemeinsam schlafen: Co-Sleeping ist keine Neuerfindung oder Modetrend
Drehen wir die Zeit um zehntausend Jahre zurück. Der Homo Sapiens ist zum Teil sesshaft, teilweise unternimmt er große Wanderungen. Nun stellen Sie sich vor, ein Homo Sapiens-Pärchen bekommt Nachwuchs. Weil beide mal wieder etwas Zeit miteinander verbringen möchten, legen sie ihr Baby allein in die Nachbarjurte. Wer würde das Baby wärmen? Wer würde merken, wenn ein wildes Raubtier ums Zelt schleicht?
Babys spüren instinktiv, dass sie in großer Gefahr schweben, sobald sie abgelegt werden. Sie wissen noch nichts von warmen Bettchen, festen Mauern und dem Fernseher, der nebenan läuft. Daher haben sie ein einprogrammiertes Überlebensprogramm: Sie schreien, sobald sie merken, dass sie allein sind.
Dieses Überlebensprogramm funktioniert nicht nur tagsüber, sondern auch wenn das Baby schläft. Der Mensch hat unterschiedlich tiefe Schlafzyklen. Sobald ein leichterer Schlafzyklus eintritt, überprüft Ihr Kind instinktiv die Umgebung: Mama noch da? Manche Säuglinge sind richtige Experten, wenn es um ihre eigene Sicherheit geht. Sie wachen besonders oft auf, wenn sie merken, dass sie allein im Zimmer oder auch nur im eigenen Bettchen sind.
Und auch wenn es anstrengend ist: Freuen Sie sich über Ihren kleinen Überlebenskünstler!
Argumente für das Familienbett
Aber die Nächte sind so anstrengend! Das beste Argument für das Familienbett
Schlafen Sie direkt neben Ihrem Kind, können Sie sofort reagieren, ehe es richtig wach wird. Ihr eigener Schlaf wird oberflächlicher, so dass Sie oft jede Regung Ihres Kindes spüren. Dennoch fühlen sich Eltern, die mit ihren Kindern zusammen schlafen, oft ausgeruhter, denn sie müssen nicht nachts aufstehen und ein anderes Zimmer betreten, sondern können sofort weiterschlafen, nachdem sie ihr Kind beruhigt haben.
Auch das Stillen wird durch das Familienbett vereinfacht. Ziehen Sie Ihr Baby einfach zu sich heran und stillen Sie es im Liegen. Schlafen Sie dabei einfach weiter. Last but not least wird sogar die Milchproduktion angeregt, da diese über Angebot und Nachfrage stattfindet und hormonell gesteuert wird.
Für viele Familien ist also das Co-Sleeping der richtige Weg. Dennoch werden Sie immer wieder die eine oder andere kritische Meinung dazu hören, die behauptet, es sei gefährlich, mit dem Nachwuchs zusammen zu schlafen. Er müsse sofort an ein eigenes Bettchen, später dann ans eigene Zimmer gewöhnt werden, sonst drohe das Verwöhnen des Nachwuchses oder, viel schlimmer, gar der Plötzliche Kindstod.
Doch stimmt das?
Die Meinung von Experten zum Familienbett
Viele Experten sehen das Co-Sleeping kritisch. Die Empfehlung im ersten Lebensjahr lautet zwar, Kinder im Elternschlafzimmer schlafen zu lassen – allerdings im eigenen Bettchen. Gemeinsames Schlafen im Familienbett sei gefährlich, da sich Mama oder Papa auf den Säugling rollen oder dieser unter die Bettdecke geraten könne.
Sicherheitsmaßnahmen für Co-Sleeping
Hier sei anzumerken, dass es bisher keine aussagekräftigen Studien gibt, die die Gefährlichkeit des Co-Sleepings für Kinder zweifelsfrei belegen. Auch die Erhöhung der SIDS-Wahrscheinlichkeit (Plötzlicher Kindstod) im Familienbett ist nicht durch Studien erwiesen. Allerdings sollten Sie folgende Sicherheitsmaßnahmen einhalten:
So sieht das sichere Familienbett aus:
- Angemessene Bettgröße – je größer je besser
- die Matratze des Familienbettes sollte nicht zu weich sein und keine Kuhlen bilden (Wasserbetten sind nicht geeignet)
- Bettritzen mit einem Bettritzenfüller* ( auch “Liebesbrücke” genannt) bedecken oder ein durchgehenden Matratzentopper (auf Härte achten) auflegen
- gut sitzendes und straff gespanntes Bettlaken, damit sich die Arme und Beinchen nicht verfangen können. Sitzt das Spannlaken zu locker können Sie das Laken mit Matratzenklammern mit langen Spannbändern* fixieren.
- Entfernen Sie schwere Decken, bauschige Federkissen, Kuscheltiere, Felle oder andere Dekoration
- Das Baby sollte nicht aus dem Bett fallen können. Verhindern Sie Stürze durch ausreichende Sicherung.
- Benutzen Sie keine Kissen und Decke für das Baby. Im Babyschlafsack mit angemessener Schlafkleidung darunter schläft das Baby am sichersten. Ziehen Sie Ihren Säugling nicht zu warm an, denn er profitiert auch von Mamas und Papas Körperwärme.
- Keine übergroßen oder gemeinsam benutze Bettdecken für die Eltern. Bedecken Sie Ihren Körper nur bis zur Hüfte und legen Sie Ihr Baby so hin, dass seine Beine auf der Decke liegen.
- Achten Sie darauf, dass die Raumtemperatur möglichst nicht über 18° Celsius liegt.
- Rauchen Sie nicht, nehmen Sie keine Drogen und trinken Sie keinen Alkohol. Auch Medikamente die die Wahrnehmung beeinträchtigen sollten für Sie und den Partner tabu sein.
- Ältere Geschwister nicht direkt neben dem Baby schlafen lassen
- Haustiere vom Familienbett fernhalten
Bei diesen Empfehlungen ist noch festzuhalten, dass es sich dabei meist um die generellen Ratschläge zur Vermeidung des Plötzlichen Kindstods handelt. Viele davon sind also allgemeingültig und beziehen sich nicht nur auf das Co-Sleeping.
Gemeinsam schlafen im Familienbett: Für Kleinkinder ohne Risiko
Ist das Ende des ersten Lebensjahres erreicht, schlafen Kinder im Familienbett sicher. Der plötzliche Kindstod (SID) ist dann kein Thema mehr.
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- Lüpold, Sibylle (Autor)
Was spricht gegen das Familienbett?
Gemeinsam im Familienbett schlafen, damit hat der zivilisierte Westen ein Problem. Was in Asien und Afrika gang und gäbe ist, wird in Europa und Nordamerika kritisch beäugt. Doch selbst bei uns war es bis zum 19. Jahrhundert üblich, dass Kinder und Eltern in einem Raum bzw. in einem Bett schliefen. Die Gründe: meist Armut oder Platzmangel. Reiche Leute leisteten sich eine Amme; das Neugeborene bekam Nähe durch seine Ziehmutter. Heute symbolisiert das „Schlafen im eigenen Kinderbett“ eines: Souveränität. Eltern sehen in getrennten Betten den ersten Schritt zur Eigenständigkeit ihres Kindes. Die erste Etappe der Abnabelung ist geschafft.
Schlafen im Familienbett polarisiert. Erzählt man von dieser Schlafkultur, kommen skeptische Aussagen. Hier die Klassiker:
Das Kind wird verwöhnt!
Ihr Baby wird durch zu viel Körperkontakt und Nähe bestimmt nicht verwöhnt! Körperkontakt ist essenziell zum Aufbau der Eltern-Kind-Bindung und des Urvertrauens.
Keiner bekommt genügend Schlaf
Schon kurz vor der Geburt ändert die Mutter ihr Schlafverhalten. Logisch! Denn ihr Baby braucht sie zukünftig 24/7. Evolutionsbedingt wird sie immer für ihren Nachwuchs sorgen. Der Biorhythmus passt sich dem des Neugeborenen an.
Was ist mit eurem Liebesleben: Sexkiller Familienbett?
„Euer Kind schläft im Elternbett? Und was ist mit eurem Sexleben?“, flüstert die Tante mit hochrotem Kopf hinter vorgehaltener Hand. Kaum etwas anderes gilt als größerer Abturner als das Familienbett. Hand aufs Herz: Frischgebackene Eltern haben nach der Entbindung andere Ambitionen. Es dauert seine Zeit, bis jeder in der neuen Familiensituation seinen Platz findet. Allerdings ist es hierbei besonders wichtig, dass Partner im Gespräch bleiben. Viele Menschen glauben, nur weil Kinder mit den Eltern zusammen die Nacht verbringen, kämen Mama und Papa nicht mehr dazu, Zärtlichkeiten auszutauschen. Doch gerade bei langjährigen Beziehungen ist doch immer wieder eine Prise Einfallsreichtum gefragt, wenn es um das Thema Sex geht. Studien, die eine Korrelation zwischen einem inaktiven Sexleben und Kindern im Elternbett belegen, gibt es allerdings nicht.
Gefahr des plötzlichen Kindstodes
Co-Sleeping sensibilisiert die Sinne beider Elternteile. Sie „wittern“ Gerüche, Bewegungen oder gar Atemaussetzer. Wer neben einem Raucher schläft, qualmt passiv mit. Babys haben in solchen Betten nicht zu suchen. Das Schlafen bei drogenabhängigen Eltern ist ebenfalls tabu.
Dem Kind ist es viel zu warm
Säuglinge gehören in den Babyschlafsack und nicht unter die Bettdecke der Mutter!
Im Elternbett ist nicht genug Platz!
Natürlich möchte sich nicht jede Familie gleich ein gigantisches Bett kaufen, sobald sich Nachwuchs ankündigt. Nicht in jedem Zimmer ist Platz für ein drei Meter breites Bett. In diesem Fall ist ein Beistellbett vielleicht die Lösung. Sie haben die Wahl zwischen Babybalkons oder einem richtigen Beistellbett für Kinder. Beides können Sie einfach an das eigene Bett anstellen oder verschrauben. Achten Sie darauf, dass dabei keine großen Ritzen entstehen, in die ein Säugling hineingelangen könnte. Lesen Sie hierzu unseren Ratgeber “Beistellbetten”
DIY Tipp: Familienbett selbst bauen
Sie möchten trotzdem ein großes Bett für alle, finden aber kein geeignetes? Bauen Sie doch einfach eins! Im Netz findet sich eine Vielzahl an Bauanleitungen, mit deren Hilfe Sie es sich und Ihrem Schatz gemütlich machen können. Hier dürfen Sie sich frei austoben. Selbst mit Paletten* ist es möglich, ein schönes Nest für Ihre Familie zu bauen, damit alle zu einem erholsamen Schlaf kommen.
Mehrere Bettgestelle aneinandergestellt ist eine weitere Möglichkeit sich ein großes Kuschelnest für die Familie zu bauen. Falls eine Seite des Bettes nicht an der Wand steht, sollten Sie Bettgestelle zur Sicherheit miteinander verschrauben.
Bei Eltern beliebt sich die IKEA Modelle “Malm“* und “Brimnes”*. Diese beiden Modelle gibt es als Einzelbett mit einer Breite von 90cm und als Doppelbett-Variante mit 140, 160 und 180cm und bietet maximale Flexibiliät.
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Familienbett: Es gibt kein “richtig” oder “falsch” nur individuell
Natürlich ist das Familienbett nicht die Lösung für alle. Gemeinsames schlafen muss den unterschiedlichen Berdürfnissen von Eltern und Kindern gerecht werden. Im Familienbett sollten sich alle wohl fühlen. Bei der bedürfnisorientierten Erziehung geht es nicht darum, stets alle Bedürfnisse des Kindes zu erfüllen, sondern darum, die Bedürfnisse der ganzen Familie im Blick zu haben. Wird das gemeinsame schlafen im Familienbett also mehr zu einer Be- statt einer Entlastung, müssen andere Lösungen gefunden werden.
Sie selbst müssen entscheiden, ob ein Familienbett die richtige Lösung ist, denn es gibt kein „Richtig“ oder „Falsch“ – nur „Individuell“. Sollten Sie jedoch feststellen, dass Ihre Nächte sehr anstrengend sind, suchen Sie nach Lösungen. Kümmern Sie sich nicht um die Meinung anderer. Der Entzug von Schlaf macht es oft schwierig, die frühkindliche Zeit zu genießen. Machen Sie es sich daher so einfach wie möglich, denn gerade die Baby- und Kleinkindphase sind fordernd genug.
Wo Ihr Baby schlafen soll, ist Ihre ganz persönliche Entscheidung. Vertrauen Sie auf Ihre Intuition, das Wesen Ihres Kindes und „brechen“ Sie nichts „übers Knie“. Hauptsache, Sie fühlen sich als Familie wohl. Schlafen Sie gut!
Häufige Fragen zum Thema “Familienbett”
Der sicherste Platz für das Baby im Familienbett ist nicht zwischen den Eltern, sondern vor der Mutter am Bettrand.
Das Familienbett sollte groß genug sein, um genügend Bewegungsfreiheit für Eltern, Baby und Geschwister zu bieten. Optimal ist eine Breite ab 270cm oder breiter.
Verbinden Sie die einzelnen Matratzen mit einem Matratzenkeil. Einige Modelle haben einen Spanngurt der die Schlafunterlage sicher fixiert und an Ort und Stelle hält.
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