In Zeiten der Coronavirus-Pandemie müssen Eltern ihre Kinder im Homeoffice betreuen, wenn Kitas und Schulen schließen. Auch abseits der Krise entscheiden sich viele Paare inzwischen dazu, dass ein Partner die Kinderbetreuung zuhause übernimmt. Aber kann Homeoffice auch mit Kind funktionieren?
“Sorry, die Kita hat schon wieder zu” – auf dem Schoß des netten Kollegen in der Videokonferenz sitzt seine kleine Tochter und dreht ein Kuscheltier in ihren Händen. Was vor dem Ausbruch des neuen Coronavirus ein seltener Anblick war, überrascht inzwischen niemanden mehr. Während so manches junge Elternpaar sich im Homeoffice mit Kind vielleicht noch über das ruhige Nest für den Nachwuchs freuen kann, sind viele Eltern von Kleinkindern schlicht überfordert mit der aktuellen Situation. Eltern von Schulkindern wiederum fürchten um die Bildung ihrer Kinder.
Im Homeoffice mit Kind arbeiten ist eine besondere Herausforderung
Ob Baby, Kleinkind, Kind oder Teenager – jede Lebensphase ist eine Herausforderung im Homeoffice. Prinzipiell kann man jedoch davon ausgehen, dass die Vereinbarkeit von Kindern und Homeoffice mit steigendem Alter der Sprösslinge immer besser wird. Schon im April 2020 startete das Fraunhofer-Institut für angewandte Informationstechnik eine Umfrage zum Thema “Homeoffice”. Die bisherigen Ergebnisse vermitteln bereits einen guten Überblick über die aktuelle Lage: Vor allem Teilnehmer, die Kinder unter 12 Jahren betreuen, berichteten über eine geringere Produktivität als im regulären Office. Daneben sind in dieser Kategorie auch ein Viertel der teilnehmenden Eltern unzufrieden mit ihrer aktuellen Arbeitssituation. Die Gruppe der Eltern mit Kindern über 12 Jahren scheint mit der derzeitigen Situation dagegen deutlich zufriedener.
Hat das Homeoffice mit Kind auch Vorteile?
Natürlich hat die Arbeit zuhause im Homeoffice mit Kind nicht nur Nachteile. Ein großer Vorteil sind vor allem die wegfallenden Fahrzeiten zur Arbeit und wieder zurück. Besonders Berufspendler profitieren, wenn sie im Homeoffice arbeiten.
Daneben schätzen viele Eltern die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Kindern am Mittagstisch zu sitzen oder zwischendurch kleine Pausen im Alltag einlegen zu können. Um der doppelten Belastung gerecht zu werden, ist es allerdings nötig, kreativ und ein wenig flexibel zu sein.
Homeoffice mit Kind: Strategien für den Spagat zwischen Familie und Job in den eigenen vier Wänden
Als Erstes ist es wichtig, realistische berufliche und private Ziele abzustecken. Nichts ist ärgerlicher, als wenn schon nach einer Woche Stress und Druck die Arbeit von zuhause aus unmöglich machen. Überlegen Sie also zunächst in Ruhe – idealerweise gemeinsam mit dem Partner – welches Pensum an Arbeit und Kinderbetreuung für Sie persönlich angemessen und schaffbar ist.
Eine klare Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben
In der einen Hand die volle Windel und in der anderen den Telefonhörer – keine schöne Vorstellung. Sobald die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwinden, entsteht Stress auf beiden Seiten. Daher ist es wichtig, das Private strikt vom Beruflichen zu trennen – nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Kopf. Jeder Arbeitgeber verdient natürlich die volle Aufmerksamkeit seiner Mitarbeiter. Genauso verdient jedes Kind zuhause die volle Aufmerksamkeit seiner Eltern, wenn gemeinsam gespielt oder gelernt wird.
Kinder zuhause sinnvoll beschäftigen
In einem bestimmten Alter finden Kinder noch fast alles interessant, sei es eine sich drehende Waschtrommel oder ausgestanzte Tierchen aus Gemüse. Trotzdem sind Babys und Kleinkinder für Eltern im Homeoffice mitunter die größte Herausforderung, da sie nicht unbeaufsichtigt bleiben können. Fühl- und Knisterspielzeuge, Bilderbücher mit Geräuschen und Co. können aber zumindest für eine kurze Zeit die Aufmerksamkeit der Kleinen fesseln.
Ältere Kinder sind meist etwas einfacher zu beschäftigen, da sie schon ein gewisses Verständnis dafür aufbringen, wann die Eltern zuhause arbeiten und ungestört sein müssen. Ruhige Beschäftigungen wie Malen oder Basteln können dann problemlos im selben Raum stattfinden, in dem auch gearbeitet wird.
Schulkindern können Sie feste Aufgaben zuteilen und gemeinsam einen Stundenplan festlegen – beispielsweise mit Zeiten, zu denen die Hausaufgaben fertig sein müssen.
Die meisten Eltern erlauben ihren Kindern ein gewisses Pensum an Fernsehkonsum oder Videospielen. Natürlich ist es verlockend, diese Unterhaltungszeiten einfach ausnahmsweise etwas zu strecken, allerdings wird dieses Vorgehen im Nachhinein oft mit überforderten und quengeligen Kindern bestraft. Hörspiele oder Bücher können in diesem Fall eine bessere Alternative sein.
Gutes Zeitmanagement – zuhause feste Routinen einhalten
Die meisten Familien entwickeln irgendwann eine fixe Struktur für ihren Alltag. Mit ein paar Anpassungen lässt sich diese in die Homeoffice-Routine übernehmen. Vor allem mit Schulkindern können Sie oft den gewohnten Wochenplan beibehalten, so dass die Umstellung für die ganze Familie angenehmer ist. So haben Sie – während die Kinder Schularbeiten erledigen, lernen oder Spielzeiten haben – Ruhe für Videokonferenzen und wichtige Telefonanrufe.
Im Gegenteil dazu können Sie bei Babys und Kleinkindern (bei fehlender Unterstützung durch Freunde oder Babysitter) meist nur die Schlafzeiten nutzen, um komplett ungestört zu arbeiten. Einigen Eltern liegt das Arbeiten ab 19 oder 20 Uhr tatsächlich gut, andere dagegen sind abends nicht mehr konzentriert genug für die meisten beruflichen Aufgaben. In diesem Fall bietet es sich an, morgens etwas früher aufzustehen und zum Arbeiten die Zeit zu nutzen, in der die Kinder noch nicht aufgestanden sind. Wer feste Zeitfenster plant, arbeitet effektiver und macht der ganzen Familie die Umstellung aufs Homeoffice mit Kind leichter.
Ablenkungen so gut wie möglich ausblenden
Der volle Wäschekorb und der leere Kühlschrank erinnern Sie pflichtbewusst an all die Erledigungen, die noch auf Sie warten? Im Büro werden Arbeitnehmer selten so deutlich mit alltäglichen Pflichten konfrontiert wie im Homeoffice.
Natürlich ist es praktisch, wenn Sie nur mal eben kurz aufstehen müssen, um die Waschmaschine aus- und die Spülmaschine einzuräumen. Wenn aber der Arbeitsalltag immer wieder von kleinen “nur mal eben”-Tätigkeiten unterbrochen wird, leidet auf Dauer die Produktivität. Also raus aus dem Hinterkopf, rein ins Smartphone – diverse Apps wie Todoist, Trello (oder schlicht der Kalender) können dabei helfen, Ablenkungen auf später zu verschieben.
Kinder sind besonders gut darin, in einem unpassenden Moment in der Tür zu stehen. Im Notfall ist das natürlich in Ordnung, Störungen aus Langeweile jedoch können schnell zum Ärgernis für alle Beteiligten werden. Älteren Kindern kann man sehr gut erklären, zu welchen Zeiten Eltern ungestört arbeiten müssen. Sie können beispielsweise kleine Rituale einführen: Wenn Ihr Kind einmal an die Tür klopft und Sie nicht sofort antworten, sind Sie in einem wichtigen Meeting und dürfen nicht gestört werden – außer es handelt sich um einen Notfall.
Pausenzeiten und Entspannung
Im Homeoffice mit Kind verschieben sich oft die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. Dabei sind Pausen wichtig für die Produktivität und auch für das eigene Wohlbefinden. Ob es ein kleiner gemeinsamer Spaziergang um den Block ist oder einfach 15 Minuten im Garten einen Kaffee zu trinken. Kleine Fluchten eignen sich perfekt, um die eigenen Batterien wieder aufzuladen. Einige Eltern profitieren auch von kurzen Meditations- und Yogaeinheiten zwischendurch, für die man lediglich eine Matte oder ein Kissen braucht.
Aber auch ausreichend Schlaf ist wichtig. Wer zu wenig schläft, hat dünne Nerven und möchte tagsüber einfach nur seine Ruhe haben. Keine gute Basis für die Arbeit im Homeoffice mit kleinen Kindern.
Arbeit gerecht aufteilen
Zu zweit ist vieles leichter als alleine. Am einfachsten ist es natürlich, wenn einer der Partner im Homeoffice arbeitet und der andere sich während dessen Arbeitszeit um das Kind kümmern kann. Leider kommt dieses Modell nur in Frage, wenn beide Elternteile selbstständig mit freier Zeiteinteilung arbeiten oder ein Partner zufällig gerade in Elternzeit ist. Trotzdem ist es wichtig, auch die Randzeiten des Tages fair aufzuteilen, so dass beide Partner auch noch ausreichend Zeit für sich haben. Eine Kinderbetreuung, die stundenweise zu Ihnen nach Hause kommt, kann in vielen Fällen – vor allem für Familien mit mehreren kleinen Kindern – eine große Entlastung sein.
Besondere Situation für Alleinerziehende
Vor allem für Alleinerziehende kann der Alltag im Homeoffice mit Kind zur Zerreißprobe werden. Wer sonst Familienangehörige wie beispielsweise die Großeltern in die Kinderbetreuung miteinbezogen hat, muss nun komplett umdisponieren. Und wer schon zu normalen Zeiten immer wieder alle Ressourcen ausschöpfen muss, stößt während einer Pandemie womöglich an die eigenen Grenzen. Für Alleinerziehende kann es daher hilfreich sein, sich im privaten Umfeld mentale Unterstützung zu suchen. Sprechen Sie mit Freunden und Bekannten in derselben Situation.
Mittlerweile gibt es in vielen Teilen Deutschlands auch spezielle Programme für Alleinerziehende (wie zum Beispiel “Kinder im Blick“), die spezielle Trainings und Programme anbieten. Auch der Landesverband NRW des Verbands allein erziehender Mütter und Väter hat im Zuge der Pandemie eine Krisenhotline für Alleinerziehende eingerichtet. Anrufer können sich dort unkompliziert über rechtliche Rahmenbedingungen, psychosoziale Beratungsmöglichkeiten und finanzielle Hilfen informieren.
Fazit
Auch wenn es unzählige Strategien und Tipps gibt, damit das Homeoffice mit Kind gelingt, sollten Sie sich bei der Umsetzung nicht unter Druck setzen. Wer die eigenen Kinder in ihren individuellen Lebensphasen gut betreuen möchte, muss permanent seine eigenen Einstellungen und seine Haltung hinterfragen. Es braucht Geduld, Verständnis und Nerven, ein Kind zu erziehen. Das geht nicht mal eben so “nebenbei”, während Sie gleichzeitig auch noch arbeiten und immer online sein müssen. Feste Zeitpläne, eine sinnvolle Arbeitsteilung und ausreichend Pausen können helfen, die Herausforderung zu meistern. Wichtig ist allerdings, dass Sie trotz allem entspannt bleiben und sich nicht ärgern, wenn es mal nicht so läuft, wie Sie es geplant haben. Denn so geht es doch schließlich allen, oder?
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