Jeder Tag im Leben ist eine große Herausforderung – gerade auch für Kinder. Sie werden mit immer neuen Situationen konfrontiert, eine Vielzahl an Informationen prasselt auf sie ein – und sie müssen lernen, damit umzugehen. Ein wichtiges Hilfsmittel im hektischen Alltagsgeschehen sind Rituale für Kinder. Feste Abläufe bieten Halt und Orientierung, fördern Vertrauen und Selbstsicherheit und sind daher langfristig nicht zuletzt ein wichtiges Werkzeug auch in Krisenzeiten.
Was sind Rituale?
Das Wort Ritual aus dem Lateinischen „ritualis“ bezeichnet ganz allgemein immer wiederkehrende Handlungen und Ereignisse, die in einer bestimmten Form ablaufen. Bezogen auf das soziale Miteinander kommen Rituale im Alltag vor, bestimmen aber auch den Ablauf besonderer Ereignisse und Feste. Die morgendliche Begrüßung der Kollegen am Arbeitsplatz beispielsweise zählt daher ebenso dazu wie das Schmücken des Weihnachtsbaumes.
Speziell im Familienleben entwickelt sich ein Ritual oft über einen längeren Zeitraum hinweg und wird nicht selten an die nächste Generation weitergegeben. Um erneut das Beispiel des Weihnachtsbaumes aufzugreifen: Wie gestalten Sie die Zeit vor und am Heiligen Abend? Sie werden vermutlich feststellen, dass es auch in ihrer Familie feste Gewohnheiten gibt, die für Sie untrennbar zum Fest dazugehören und die Sie nicht missen möchten – weil sie einfach so schön und vertraut sind.
Nicht in Stein gemeißelt: Rituale für Kinder dürfen sich verändern
Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass Rituale für Kinder zwingend in Stein gemeißelt sind. Jedes Ritual sollte zur persönlichen Situation des Einzelnen passen und – speziell mit Blick auf Familien – auch dem Alter der Kinder angemessen sein. Rituale dürfen sich also im Laufe der Zeit gerne verändern, durch andere ersetzt werden oder bei Bedarf auch ganz wegfallen. Schließlich sollen sie im Familienleben nicht zu einem Zwang ausarten.
Ein Beispiel dafür ist die klassische Gute-Nacht-Geschichte. Für Klein- und Kindergartenkinder ist sie beliebter Bestandteil des abendlichen Einschlaf-Rituals. Denn der Übergang vom Tag zur Nacht ist nicht immer einfach. Mit Beginn der Grundschulzeit verliert das Vorlesen langsam, aber sicher an Bedeutung. Kein Wunder: Jetzt lernen die Kinder selbst lesen und schreiben. Gleichwohl ist diese Zeit nicht das Ende liebgewonnener Gute-Nacht-Rituale. Gemeinsames Kuscheln und erzählen ersetzt die Geschichte. Werden die Kinder älter, reicht ihnen dann aber oft schon das abendliche „Gute Nacht!“.
Rituale versus Regeln: Wo liegt der Unterschied?
Um ein vernünftiges soziales Miteinander zu gewährleisten, sind im Alltag Regeln unverzichtbar. Das gilt in der Familie ebenso wie zum Beispiel in der Schule oder im Berufsleben. Regeln sind verbindliche Verhaltensvorgaben, die im Optimalfall von allen Beteiligten gleichermaßen eingehalten werden sollten. Einander aussprechen lassen, leise sein, wenn der Lehrer die Klasse betritt oder die dreckigen Schuhe an der Haustür ausziehen: Das sind nur einige Beispiele für eine Vielzahl an Regeln im täglichen Umgang. Viele ähneln sich – zum Beispiel in den Schulen – andere wiederum orientieren sich speziell an den Bedürfnissen der einzelnen Familie.
Im Gegensatz dazu beinhaltet ein vertrautes Ritual keine Verpflichtungen oder Verbote, im Gegenteil: Es ist in aller Regel positiv belegt. Rituale schaffen Strukturen im Tagesablauf, können aber auch sich wiederholende, besondere Ereignisse einläuten. Zugleich helfen sie dabei, bestimmte Regeln einzuhalten. An dieser Stelle bietet sich einmal mehr das Beispiel der Schlafenszeit-Rituale an. Pünktlich ins Bett gehen und schlafen: Für die meisten Kinder eine Regel, die nicht gerade mit Begeisterung verbunden ist. Darf ich noch spielen? Kann ich nicht noch den Film zu Ende sehen? Als Eltern werden Sie diese abendlichen Szenarien sicherlich zur Genüge kennen. Mit einem gemeinsamen Abend-Ritual wie dem Vorlesen einer Geschichte oder dem gemeinsamen Kuscheln aber, fällt es den Kindern mit Sicherheit leichter, diese Regel zu befolgen. Nicht zuletzt deswegen, weil es jeden Abend so ist.
Warum brauchen Kinder Rituale, wozu sind sie gut?
Das gemeinsame Frühstück, die morgendliche Verabschiedung im Kindergarten, die abendliche Gute-Nacht-Geschichte: Die Wiederkehr derselben Handlungen und Verhaltensweisen verleiht dem Tag feste Strukturen und macht ihn für die Kinder vorhersehbar. Sie wissen genau: Mama bringt mich heute Morgen in den Kindergarten und sie holt mich heute Mittag auch wieder ab. Sie können also in den Stunden dazwischen unbesorgt mit den anderen Kindern spielen in der Gewissheit: Mittags ist meine Mutter wieder da.
Das Gefühl, sich auf etwas oder jemanden verlassen zu können, wirkt möglichen Ängsten entgegen und fördert das Selbstvertrauen. Und Kinder, die Selbstvertrauen besitzen, begegnen nicht zuletzt neuen Situationen gegenüber aufgeschlossener. Rituale leisten in der Erziehung zudem einen wichtigen Beitrag, um verbindliche Regeln leichter einhalten zu können (s. Rituale versus Regeln).
Der Übergang in eine neue Lebensphase
Ereignisse wie der erste Schultag, Feste wie eine Taufe oder Hochzeit markieren den Übergang in einen neuen Lebensabschnitt und sind in den meisten Familien mit Traditionen und bestimmten Ritualen verbunden.
Außergewöhnliche Situationen, zum Beispiel Krankheit oder Tod und Beerdigung eines nahestehenden Menschen, bringen Ängste mit sich. Rituale tragen dazu bei, auch solchen Veränderungen mit Beständigkeit zu begegnen. So ist es in diesen Situationen hilfreich zu wissen, dass Beerdigungen zumeist nach einem ähnlichen Muster ablaufen.
Nicht zuletzt gibt ein Ritual die Möglichkeit einer täglichen kleinen Auszeit. So kann das Ins-Bett-bringen auch dazu genutzt werden, den Tag Revue passieren zu lassen, wichtige Dinge in Ruhe zu besprechen oder sich bei Bedarf auf bevorstehende Ereignisse einzustimmen.
Wie finden wir passende Rituale für Kinder?
- Auf diese Frage gibt es keine einheitliche Antwort. Viele liebgewonnene Bräuche werden seit Generationen wie selbstverständlich in den Familien weitergegeben. Sie werden geschätzt und niemand käme auf die Idee, sie abzuschaffen. Sie gehören einfach dazu.
- Nicht selten entstehen Rituale von ganz alleine, aus einer bestimmten Situation heraus – wie zum Beispiel das Essen am Silvesterabend, das so lecker war, dass die ganze Familie sagt: „Das machen wir nächstes Jahr wieder!“ Aus einer solchen Wiederholung kann im Laufe der Zeit ein echtes Ritual werden.
- Manchmal kommen die Anstöße aber auch von außen. Vielleicht erzählen die Kinder von einem tollen Geburtstagsritual bei Freunden oder von einem gemeinsamen Lied, das sie in der Kita immer in der Weihnachtszeit singen und gerne für die eigene Familie übernehmen möchten.
- Damit Rituale nicht zur reinen Pflichtübung verkommen, sollten Eltern ihren Kindern stets die Möglichkeit bieten, mitzubestimmen. Auf diese Weise stellen sie sicher, dass die Rituale der Gemeinschaft zugutekommen und alle Beteiligten Freude daran haben.
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Die schönsten Rituale für Kinder: Tipps und Beispiele
Welche Rituale haben Sie zu Hause mit Ihren Kindern? Ein fester Ablauf zur Schlafenszeit gehört mit Sicherheit dazu, vielleicht mit einer Geschichte oder einem Lied. Doch ein gemeinsamer Alltag bietet noch viele weitere Möglichkeiten, Rituale einzubauen. Wenigstens zwei alltäglich wiederkehrende, feste Gewohnheiten sollten es aus Sicht von Pädagogen schon sein. Dazu haben wir an dieser Stelle einige Ideen für die schönsten Rituale vorbereitet.
- Das morgendliche Wecken: Anstelle eines simplen „Guten Morgen, aufstehen!“ können Sie zum Beispiel eine kurze Kuschelzeit einbauen. Diese muss nicht länger als ein paar Minuten dauern, vermittelt den Kindern jedoch schon früh am Tag ein Stück Nähe und Geborgenheit. Auch das Lieblings-Stofftier kann selbstverständlich am morgendlichen Wecken regelmäßig beteiligt werden!
- Gemeinsames Frühstück oder mindestens eine andere gemeinsame Mahlzeit am Tag: Die Berufstätigkeit vieler Eltern macht es nicht selten unmöglich, dass alle Familienmitglieder morgens zur selben Zeit am Tisch sitzen. Alternativ kann es auch eine der anderen Mahlzeiten sein, die alle zusammen regelmäßig wahrnehmen. Eine solche Mahlzeit bietet die Möglichkeit, Kräfte für den Tag zu sammeln und bevorstehende Aktivitäten oder Termine zu besprechen. Oder sie kann – etwa beim Abendessen – dazu dienen, den Tag Revue passieren zu lassen, sich auszutauschen und alles das zu erzählen, was einem auf der Seele liegt.
- Apropos Mahlzeiten: Nicht nur die Mahlzeit selbst kann zum Ritual werden. Ein gemeinsamer Spruch oder Reim und das kurze Fassen an den Händen ist nicht nur in den meisten Kitas vor dem Essen üblich, sondern lässt sich auch zu Hause problemlos umsetzen.
- Ihr Kind putzt nicht gerne die Zähne? Dann putzen sie doch nach Möglichkeit zusammen – und machen ein Ritual daraus. Erzählen Sie Ihrem Kind eine Geschichte oder schauen Sie ein kleines Bilderbuch an: So fällt es ihrem Kind leichter, auch ungeliebte Dinge leichter in den Tagesablauf zu integrieren.
- Die morgendliche Verabschiedung – sei es in der Kita oder vor dem Weg in die Schule – lässt sich durch immer wiederkehrende Abläufe ebenfalls vereinfachen. Eine Umarmung, ein Kuss oder bestimmte Wünsche für den Tag geben Ihrem Kind Sicherheit.
Rituale geben im Alltag Struktur, sie können aber auch die besonderen Momente kennzeichnen. Damit sind allerdings nicht nur Anlässe wie große Feste gemeint, also Geburtstage, Weihnachten oder die Ostertage, für die die meisten Familien mit Sicherheit ihre eigenen Bräuche haben. Auch darüber hinaus gibt es Ereignisse, die aus dem Alltagsleben hervorstechen.
Endlich Wochenende: Zeigen Sie Ihrem Kind, dass die Woche mit zwei besonderen Tagen ausklingt.
- Wie wäre denn ein gemeinsamer Spieleabend am Freitag oder Samstag?
- So manche Familie freut sich auf ein ausgiebiges Sonntagsfrühstück mit Zutaten, die es nicht jeden Tag gibt, zum Beispiel Schokoaufstrich, Rührei, frische Brötchen: Was isst Ihr Kind am liebsten?
- Toben und kuscheln: Ein gemeinsamer Sonntagmorgen eignet sich hervorragend für eine große Kissenschlacht!
Auch die Ferien sind etwas Besonderes – und das nicht nur für Kinder. Wie wäre es denn zum Beispiel, zum Start in die freie Zeit etwas Besonderes zu kochen oder die Pizza beim Lieblings-Italiener zu bestellen?
Rituale für Kinder: Das Wichtigste auf einen Blick
Rituale
- ordnen den Tagesablauf.
- bieten Halt, Struktur und Orientierung im hektischen Alltagsgeschehen.
- vermitteln den Kindern Verlässlichkeit, geben ihnen Sicherheit und Vertrauen.
- erleichtern den Übergang vom Tag zur Nachtruhe.
- helfen dabei, kritische Situationen und Phasen zu bewältigen.
- erleichtern den Übergang in eine neue Lebensphase.
Fazit: Rituale für Kinder – Erinnerungen fürs Leben
Mit der Einführung von Ritualen in der Erziehung fördern Eltern nicht nur den Gemeinschaftssinn innerhalb der Familie. Sie schaffen verlässliche Strukturen und bieten ihren Kindern damit zugleich eine wichtige Orientierungshilfe. Das betrifft Rituale im Alltagsleben ebenso wie zu besonderen Anlässen.
Und sie bewirken damit noch etwas anderes. Rituale für Kinder werden vielfach als so wertvoll erachtet, dass die Kinder sie zu einem späteren Zeitpunkt in ihre eigene Familie mitnehmen. „Das haben wir immer schon so gemacht“ ist in diesem Zusammenhang ein viel zitierter Satz.
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