Wer kennt sie nicht, die vielleicht gut gemeinten, aber uneingeforderten Ratschläge „Lass das Kind doch einfach mal schreien!“, „Da darfst nicht immer schon beim kleinsten Geräusch zu Deinem Baby rennen!“ oder auch „Schreien ist gesund, denn nur davon bekommt das Kind kräftige Lungen!“.
Die unterschwelligen und Kopf schüttelnden Vorwürfe wie: „Du verwöhnst das Kleine für zu sehr“, „Du bist eine richtige Glucke!“ und „Wenn Du jetzt schon bei jedem kleinen Mucks hinrennst, wird Dir Dein Kind später auf der Nase herumtanzen!“, sind dabei ebenfalls sehr beliebt.
Ja, die Ratschläge sind wahrscheinlich wirklich gut gemeint, aber sie widersprechen dabei auch gleichzeitig all dem, was für jedes Baby, das sich geistig gesund entwickeln soll, gerade in den ersten sechs Lebensmonaten unendlich wichtig ist:
Das Urvertrauen, dass immer jemand da ist!
Wie sonst soll das Kind lernen, auf Mama oder Papa zu vertrauen, wenn keiner von beiden kommt, obwohl es doch nach ihnen ruft? Kein Baby auf der Welt weint oder schreit, weil es seine Mutter ärgern und ihr auf der Nase herumtanzen möchte. Wenn ein Baby weint, hat es dafür immer einen Grund – auch, wenn wir Erwachsene diesen vielleicht nicht immer oder sofort verstehen.
Oftmals muss man erst herausfinden, ob es Mamas Brust ist, wonach das Kind sich sehnt, ob es eine neue Windel haben möchte oder einfach nur Nähe, Streicheleinheiten und Geborgenheit sucht. Schon eine einzige Minute, die es weint, ohne dass Mama oder Papa zu Hilfe eilen, kommt dem hilflosen Baby wie eine Ewigkeit vor und reicht aus, um das Kleine unglaubliche Ängste durchleben zu lassen.
Nicht ohne Grund wird biologisch jedes Neugeborene als Nesthocker bezeichnet. Es kann sich nicht alleine helfen und vor allem nicht allein für sich sorgen. Quengeln, weinen oder schreien, sind in den ersten Monaten die einzigen Ausdrucksformen, mit denen sich ein Baby bemerkbar und auf seine Bedürfnisse aufmerksam machen kann.
Das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit kann also nur erschüttert werden, wenn niemand reagiert. Da reicht es auch nicht, wenn Mama oder Papa nur im Zimmer nebenan sind.
Deshalb: Vergessen Sie die gut gemeinten Ratschläge, die Ihnen sagen, dass Sie Ihr Kind zu sehr verwöhnen und ruhig auch mal schreien lassen sollten. Denn es gibt keine verwöhnten Babys, sondern nur umsorgte und geliebte.
Und Liebe, Nähe und Sicherheit sind die wichtigsten Meilensteine für die weitere, gesunde geistliche Entwicklung Ihres Kindes. Denn nur, wenn es in den ersten Monaten genug Sicherheit und Geborgenheit tanken konnte, wird es sich später trauen, die Welt eigenständig zu entdecken, da es weiß, dass jemand da ist, der es im Notfall auffängt.
Spätestens ab dem 10. Lebensmonat wird es dann damit auch beginnen, sofern es vorher nicht bereits mehrfach in seinem kindlichen Vertrauen enttäuscht worden ist.
Ab dem 7. Lebensmonat hingegen beginnt ein Baby bereits zu verstehen, dass Mama oder Papa garantiert kommen, auch wenn bereits ein oder zwei Minuten verstrichen sind. Ab diesem Zeitpunkt können Sie Ihr Kind dann auch mit ruhigem Gewissem mal eine kleine Runde quengeln oder nörgeln lassen, sofern es nur Langeweile zu haben scheint.
Wenn es jedoch wirklich nach Ihnen ruft, sollten Sie auch dann noch alles stehen und liegen lassen, um noch vor Beginn des heftigen Weinens da zu sein. Denn auch in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres bekommt Ihr Baby noch Angst, wenn es sich allein gelassen wird und vor allem hilflos und verlassen fühlt.
Zudem haben verschiedene Studien gezeigt, dass Kinder, auf deren Rufe die Eltern im ersten Lebensjahr immer sofort antworten, mit anderthalb Jahren wesentlich weiter in ihrer sprachlichen und geistigen Entwicklung sind als Kinder, deren Signale und Hilfeschreie ignoriert oder erst verspätet beantwortet wurden.
Kein Wunder, denn Kinder, die gelernt haben zu vertrauen, entdecken ab ihrem 10. Lebensmonat die Welt angstfrei und begegnen neuen Erfahrungen mit unschlagbarer kindlicher Offenheit. Nebenbei bemerkt: Kräftigere Lungen hatten die Kinder aus der Kontrollgruppe natürlich ebenfalls nicht.
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