Können Sie aus einem fertig zubereiteten Essen alle einzelnen Zutaten herausschmecken? Wenn ja, Kompliment! Wenn nein, geht es Ihnen genau so wie vielen anderen auch. Denn unsere Geschmacksnerven sind zwar sehr fein, werden aber zu wenig geschult und gefördert, um aus einem Geschmackserlebnis die einzelnen Bestandteile herauskristallisieren zu können.
Gerade Personen, die nicht selbst bzw. frisch kochen, verzichten auf ein hohes Maß an kulinarischem Genuss. Denn oftmals können sie die einzelnen Zutaten auch deshalb nicht herausfinden, weil sie sie noch nie im Original probiert und damit noch nie ihren eigentümlichen Geschmack geschmeckt haben. Was allerdings fast jeder kann, ist die Benennung, ob etwas süß, sauer, salzig, scharf oder bitter ist. Wie Sie Ihre eigenen und den Geschmackssinn Ihres Kindes weiter fördern, verfeinern und sensibilisieren können, verraten Ihnen die nachfolgenden Tipps und Spielideen für geeignete Wahrnehmungsspiele.
Essen im Dunkeln
Die einfachste Methode, um Ihr Kind auf spielerische und sinnliche Weise seinen Geschmackssinn trainieren zu lassen, ist wohl das “Essen im Dunkeln“, also das Essen mit verbundenen Augen. Dabei können die verschiedenen Speisen zu Beginn des Spiels offen und am besten bereits portioniert auf dem Tisch liegen, damit ihr Kind sich darauf einstellen kann, was es zu probieren bekommt und gegebenenfalls noch einmal nachfragen kann, wenn es etwas nicht kennt oder den Namen einer Frucht oder eines Gemüses vergessen hat.
Diese Methode eignet sich vor allem für kleine bzw. jüngere Kinder. Ohne die Möglichkeit, die Speisen vorher einmal gesehen zu haben, ist das Essen im Dunkeln natürlich von Anfang an ein wenig schwieriger. Wie auch immer Sie es gestalten, geben Sie Ihrem Kind nun einzelne Häppchen direkt in den Mund, damit es erraten kann, was es gerade isst.
Kommt Ihr Kind nicht beim ersten Versuch darauf, können Sie es mit einem weiteren Happen probieren, oder Ihrem Kind ein wenig auf die Sprünge helfen, indem Sie nachfragen, was es überhaupt schmeckt, wie die Konsistenz ist, woran es erinnert, ob Ihr Kind etwas Ähnliches schon einmal gegessen hat etc. Wenn Sie selbst mitmachen möchten, dann füttern Sie sich einfach abwechselnd, oder tauschen Sie nach drei bis fünf Versuchen die Rollen. Sie werden überrascht sein, wie schwierig es sein kann, “auf den Geschmack zu kommen“, wenn man das, was man isst, vorher nicht gesehen hat. Für das Spiel eignen sich verschiedene Obst- und Gemüsesorten, Brot, Backwaren und natürlich zwischendurch auch kleinere Süßigkeiten.
Nichts sehen, nichts riechen, nur schmecken
“Nichts sehen, nichts riechen, nur schmecken“ ist noch ein wenig schwieriger als das Spiel “Essen im Dunkeln“. Denn hier bleibt dem Kind nicht nur verwehrt, zu sehen, was es probieren soll, sondern auch, es zu riechen. Für das Spiel nehmen Sie ein bis zwei Scheiben Brot, teilen die Scheiben in mehrere kleine Stücke und bestreichen oder belegen diese mit Aufstrichen oder Aufschnitt.
Von Marmelade, Honig, Rübenkraut und feinen Schokoladencremes über Streichkäse und Streichwurst bis hin zu Aufschnitt in Form von verschiedenen Käse-, Wurst- oder Schinkensorten ist hier alles erlaubt. Mit verbundenen Augen – und in diesem Fall natürlich auch, ohne vorher gesehen zu haben, womit Sie die einzelnen Brotteile bestückt haben – soll Ihr Kind nun herausfinden, womit das Brot bestrichen oder belegt wurde. Dafür müssen Sie es natürlich mit den kleinen Häppchen füttern und immer darauf achten, dass Ihr Kind sich rechtzeitig selbst die Nase zuhält. Jeder, der schon einmal einen derben Schnupfen hatte und weiß, dass auch nichts mehr wirklich schmeckt, wenn man nichts mehr riechen kann, kann sich wohl vorstellen, dass dieses Spiel sehr tückenreich ist. Wundern Sie sich also nicht, wenn Ihr Kind die sonst so heiß und innig geliebte Nuss-Nougat-Creme mit der eigentlich verhassten Leberwurst verwechselt.
Willkommen im kleinen Saftladen
Lassen Sie aus Ihrer Küche eine kleine Saft-Bar werden, indem Sie Ihre Kind und vielleicht auch einige seiner Freunde zu einem spielerischen und sinnlichen Umtrunk einladen. Dafür brauchen Sie einen Entsafter und verschiedene Obst- und wahlweise auch Gemüsesorten. Pressen Sie das Obst und das Gemüse aus und füllen Sie jeden gewonnenen Saft in einen eigenen kleinen Becher. Bei mehreren Kindern sollte natürlich jedes von ihnen einen eigenen Becher bekommen. Allerdings sollten Sie dabei vorher von jeder Obst- oder Gemüsesorte bei einem Kind jeweils ein Stück, bei mehreren Kindern, die mitspielen, so viele Stücke wie sie der Anzahl der Kinder entsprechen, vorher abschneiden und auf dem Küchentisch drapieren. Denn nun gilt es, durch Probieren der verschiedenen Obst- und Fruchtsäfte das passende Gegenstück zu finden, aus dem diese jeweils gepresst wurden.
Mamas Backstube
Vermutlich gehören sie auch nicht unbedingt zu den Müttern oder Vätern, die täglich das Brot frisch selber backen. Dennoch können Sie aus Ihrem Familien-Frühstück oder dem Familien-Abendbrot einen Besuch in der Backstube machen. Dafür brauchen Sie nur verschiedene Brotsorten, die von Bäckern teilweise in Form von Probierschnitten verkauft werden. Denn natürlich gilt auch hier: Je mehr Auswahl Sie haben, desto besser. Denn an dem Tag, an dem die Küche zur Backstube wird, dürfen Kinder und Erwachsene die einzelnen Brotsorten ausgiebig unter die Lupe nehmen. Weshalb Sie die einzelnen Scheiben im Vorfeld bereits schon vierteln sollten. Nachdem alle Sorten ausgiebig ertastet, abgeschnuppert und probiert wurden, darf jedes Familienmitglied sich für eine Brotsorte entscheiden, die es in seinem Geschmack so detailliert wie möglich zu beschreiben versucht. Und vielleicht entdecken Sie und Ihre Kids ja sogar neue Lieblingssorten.
Die Joghurt-Werkstatt
Für die Joghurt-Werkstatt benötigen Sie nur ein wenig Naturjoghurt und verschiedene Zutaten, mit denen er sich verfeinern lässt. Diese am besten in kleine Dip-Schälchen füllen und mit Löffeln versehen, damit sich Ihr Kind einfach daraus bedienen kann. Denn in der Joghurt-Werkstatt kann es selbst zum Joghurt-Produzenten werden und herausfinden, welche Zusammenstellung ihm am besten schmeckt und wahrscheinlich zum Kassenschlager werden würde – zumindest dann, wenn die Meinung Ihres Kindes Gewicht hätte. Jetzt jedenfalls hat seine Meinung Gewicht, denn schließlich geht es darum, welche Eigenkreation ihm am besten schmeckt. Ist es der Naturjoghurt mit Honig oder doch lieber der mit Marmelade? Und wenn ja welche Marmelade? Lieber Erdbeere, Kirsche oder Orange?
Aber warum eigentlich Marmelade, frisches Obst steht ja auch in den kleinen Dip-Schälchen bereit? Vielleicht ist Ihr Kind aber auch gar nicht so ein süßes Leckermäulchen und bevorzugt statt dessen den Joghurt mit Müsli oder auch den mit verschiedenen Kräutern. Lassen Sie Ihr Kind einfach experimentieren und sich selbst vor allem überraschen, was ihm dabei am besten schmeckt und wann es die kleine Nase ganz kraus zieht, weil die Eigenkreation misslungen ist.
Schmeckst Du den Unterschied
Für das Spiel “Schmeckst Du den Unterschied“ eignet sich wiederholt Joghurt. Auch hier geht es darum, herauszufinden, welcher Joghurt Ihrem Kind am besten schmeckt. Allerdings kreiert es diesen diesmal nicht selbst, sondern darf sich durch drei verschiedene Sorten probieren – mit verbundenen oder zumindest geschlossenen Augen, versteht sich.
Sorte 1, die es probiert, ist Joghurt mit frisch püriertem Obst. Sorte 2 hingegen ist Joghurt mit Fruchtmarmelade. Bei der 3. Sorte schließlich handelt es sich um einen fertig gekauften Fruchtjoghurt. Welche der drei Sorten schmeckt Ihrem Kind am besten?
Ist es schon jetzt ein kleiner “Fastfood-Junkie“ oder doch eher ein kleiner Feinschmecker, dem es gar nicht frisch genug sein kann? Um herauszufinden, was Ihrem Kind am besten schmeckt, eignen sich natürlich auch allerhand anderer Lebensmittel, die miteinander verglichen werden können.
Angefangen bei verschiedenen Brotsorten über verschiedene Käsesorten bis hin zu verschiedenen Mineralwassersorten. Wenn Sie sich zwischendurch ein wenig Zeit nehmen, um solche kleinen Experimente in den Alltag einfließen zu lassen, finden Sie nicht nur heraus, was Ihr Kind besonders mag, sondern führen es auch immer wieder zu neuen und intensiven Geschmackserlebnissen.
Denn Wasser zu trinken, weil man Durst hat, ist beispielsweise etwas ganz anders, als bewusst herauszufinden, welche der drei, vier oder fünf Wassersorten, die man sich zum Testen gekauft hat, denn nun wirklich am besten schmeckt. Und dabei vielleicht sogar herauszufinden, warum.
Rate mal, was es heute zu essen gibt
Wenn Ihr Kind keine Gelegenheit hatte, Sie beim Kochen in der Küche zu beobachten, können Sie es ganz einfach erraten lassen, was es zum Mittagessen gibt. Zu allererst gilt es natürlich, darauf über den Geruch zu kommen. Gelingt das nicht, können Sie Ihr Kind bei geschlossenen Augen direkt aus dem Topf probieren lassen. Pusten bitte nicht vergessen, ist ja schließlich heiß.
Viele Köche verderben nicht immer den Brei
Für viele Kinder ist es jedoch das Schönste, gemeinsam mit Mama oder Papa in der Küche zu werkeln und als Hilfskoch zur Hand zu gehen. Wer sein Kind frühzeitig helfen lässt, hat zudem die Möglichkeit, ihm viel über Kräuter und Gewürze, Obst und Gemüse, Fleisch und Fisch etc. zu erklären und ihm so immer neue Geschmackserlebnisse zu bereiten.
Wie schmeckt die Tomate in rohem Zustand, wie, wenn sie in der Tomatensauce schwimmt? Denn auch die unterschiedlichen Konsistenzen sind für Kinder immer wieder ein Phänomen. So mögen viele zwar in einen Apfel beißen, aber Apfelmus ist ihnen zuwider.
Besonders viel über die Geheimnisse des Kochens erfährt ihr Kind vor allem, wenn Sie gemeinsam eine Sauce zubereiten. Denn mit jeder Zutat, die Sie gemeinsam hinein geben, ändert sich der Geschmack. Um dies zu erkennen, müssen Sie Ihr Kind allerdings immer wieder neu probieren lassen. Ganz schnell wird es so nicht nur lernen, welche Zutaten zueinander passen, sondern Ihnen irgendwann auch ganz genau sagen können, was noch fehlt, oder vielleicht sogar, welche Zutat es gerne einmal zusätzlich in der Sauce erproben würde.
Und ein ganz einfacher Tipp zum Schluss:
Je abwechslungsreicher Kinder essen, desto einfacher ist es, ihren Geschmackssinn ohne großen Aufwand zu fördern. Deshalb sollten Sie mindestens einmal pro Woche oder spätestens alle 14 Tage ein Gericht ausprobieren, das Ihr Kind noch nicht kennt. Wenn es das nicht mag, ist es okay – zumindest dann, wenn es dies zumindest probiert hat. Und zu guter Letzt: Studienergebnissen zufolge haben Mädchen generell ein sensibleres Geschmacksempfinden als Jungen – und das, obwohl die Anzahl der Geschmacksrezeptoren auf der Zunge absolut identisch sind.
Miriam Kamhawi
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