Was ist eine Risikoschwangerschaft?
Ungefähr jede zweite Schwangerschaft in Deutschland wird als eine Risikoschwangerschaft eingestuft, Tendenz weiter steigend. Auch wenn sich diese Statistik zunächst einmal etwas beängstigend anhören mag, so sollten sich werdende Mamas und Papas durch diese Diagnose keinesfalls die Vorfreude auf ihr Baby nehmen lassen.
Hierzulande erblicken dank der entsprechenden medizinischen Präventionsmaßnahmen 95 % aller Babys gesund das Licht der Welt.
Die Tatsache, dass es immer mehr ärztlich eingestufte Risikoschwangerschaften gibt, hängt vor allem mit dem steigenden Lebensalter der Erstgebärenden zusammen. Die Einstufung erfolgt jedoch auch noch nach weiteren Kriterien, so etwa nach dem Vorliegen bestimmter Risikofaktoren wie chronische Erkrankungen oder akute Infektionen.
Dennoch bedeutet eine Risikoschwangerschaft nicht automatisch, dass eine unmittelbare gesundheitliche Gefahr für Mutter und Kind besteht. Es bedeutet auch nicht, dass es zwangsläufig zu Komplikationen im weiteren Schwangerschaftsverlauf kommen muss. Die Einstufung bedeutet lediglich, dass es einen Grund gibt, um die verlaufenden Schwangerschaftswochen intensiv und aufmerksam zu überwachen. Auch bestimmte pränataldiagnostische Maßnahmen werden deshalb von der Krankenkasse zusätzlich übernommen.
Dank der heutzutage verfügbaren modernen diagnostischen und therapeutischen Methoden kann mittlerweile auch der Kinderwunsch chronisch kranker Frauen erfüllt werden und auch sie können gesunde Kinder gebären.
Wie wird eine Risikoschwangerschaft festgestellt?
Um eine Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft einzustufen, müssen bestimmte Kriterien vorliegen:
Faktor 1 – Lebensalter der werdenden Mutter
Frauen, die zwischen dem 20. und dem 29. Lebensjahr schwanger sind, haben das geringste Risiko für die Entstehung von Komplikationen. Tatsächlich bringen jedoch die meisten Frauen erst nach dem 30. Lebensjahr ihr erstes Baby zur Welt.
Ist die werdende Mama nun jünger als 18 Jahre oder über 35 Jahre alt, wird die Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft.
Schwangerschaft vor der Vollendung des 18. Lebensjahres
Bei jungen werdenden Müttern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist das Risiko für vorzeitige Wehen oder gar eine Frühgeburt erhöhter.
Auch die Entstehungsgefahr für eine sogenannte Präeklampsie sowie für Mangelzustände beim Ungeborenen steigt im jüngeren Alter an. Aus diesem Grund werden minderjährige Erstgebärende engmaschiger untersucht. Auf diese Weise ist es möglich, etwaige Komplikationen frühzeitig zu erkennen und adäquat zu therapieren.
Schwangerschaft nach dem 35. Lebensalter
Die Anzahl der Frauen, die zwischen dem 35. sowie dem 39. Lebensjahr zum ersten Mal gebären, ist heute wesentlich höher als noch vor rund 20 Jahren. Auch Schwangerschaften nach dem 40. Lebensjahr gibt es zunehmend häufiger.
Für Mediziner ist allerdings das Risiko für diverse Komplikationen nach dem 35. Lebensjahr eher wahrscheinlich, so etwa für:
- Frühgeburten und Fehlgeburten
- Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes)
- Myome (gutartige Wucherungen in der Muskelschicht der Gebärmutter)
- Chromosomenveränderungen beim Kind wie zum Beispiel eine Trisomie 21.
Es ist sehr wichtig, dass die schwangeren Frauen die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Erfahrungsgemäß ist es jedoch wesentlich wahrscheinlich, dass auch Schwangerschaften nach dem 35. Lebensjahr völlig normal verlaufen.
Faktor 2 – chronische Vorerkrankungen der werdenden Mutter
Liegt eine chronische Krankheit wie zum Beispiel Diabetes mellitus oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung vor, so erfolgt ebenfalls die Einstufung „Risikoschwangerschaft“.
Wird eine solche Schwangerschaft aber ärztlich gut kontrolliert, lassen sich potenzielle gesundheitliche Gefahren und Risiken frühzeitig erkennen.
Faktor 3 – Blutgruppe der Mutter
Eine Blutgruppenunverträglichkeit, eine sogenannte Rhesus-Unverträglichkeit kann für das Baby während der Schwangerschaft eine große Gefahr bedeuten.
Hierzu kann es kommen, wenn die Blutgruppe der schwangeren Frau Rhesus-negativ ist, das Baby aber rhesus-positiv ist. In einem solchen Fall kann das mütterliche Immunsystem reagieren und Antikörper gegen die rhesus-positiven Blutzellen des Babys bilden, wenn es zu einer Vermischung von kindlichem und mütterlichem Blut kommt.
Bislang konnte eine solche Interaktion bei rhesus-negativen Schwangeren durch eine sogenannte Anti-D-Prophylaxe sicher verhindert werden. Heute gibt es auch die Möglichkeit der vorgeburtlichen Bestimmung des Rhesusfaktors des Babys. Dieses sichere Verfahren zur Rhesusfaktorbestimmung beim Fötus wird sogar als gesetzliche Krankenkassenleistung angeboten.
Faktor 4 – Mehrlingsgeburten
Auch Mehrlingsschwangerschaften stellen ein erhöhtes Risiko dar. Wenn sich mehrere Babys einen Mutterkuchen teilen, kann es zudem zu einem sogenannten „Feto-fetalen-Transfusionssyndrom“ kommen, ein Krankheitsbild der Plazenta.
Eine spezielle Diagnostik und regelmäßige Vorsorgemaßnahmen bei der Gynäkologin bzw. dem Gynäkologen mindern das Risiko.
Faktor 5 – Beckenendlage
Eine Beckenendlage des Babys birgt bestimmte Risiken. Vor allem bei einer natürlichen vaginalen Geburt kann eine solche Steißlage des Kindes problematisch werden. Hatte die werdende Mutter schon einen oder mehrere Kaiserschnitte, wird ihr vermutlich auch im Rahmen der aktuellen Schwangerschaft zu einer weiteren Sectio (Kaiserschnittentbindung) geraten werden.
Besonders empfehlenswert ist die fachkompetente Begleitung solcher Schwangerschaften in Geburtskliniken, die bereits viel Erfahrungen mit der Baby-Steißlage haben. Hier wissen die Experten genau, was zu tun ist, um das Komplikationsrisiko stark zu reduzieren.
Faktor 6 – Komplikationen bei früheren Schwangerschaften
Wenn eine werdende Mama bereits eine Eileiterschwangerschaft, eine Fehlgeburt oder sonstige Schwangerschaftskomplikationen hatte, ist es wichtig, die Ursache hierfür zu finden. In dem Fall müssen die Gynäkologen eine entsprechende Diagnostik durchführen, um auf dieser Grundlage eine komplikationsfreie Schwangerschaft für Mama und Baby sicherstellen zu können.
Faktor 7 – häufige Geburten
Bei häufigen Schwangerschaften, also wenn eine Frau bereits mehr als vier Kinder zur Welt gebracht hat, besteht Medizinern zufolge ein sogenanntes „körperliches Ermüdungsrisiko“.
Die werdenden Mütter müssen frauenärztlich intensiv begleitet werden, um auch diese Risikoschwangerschaft bestmöglich verlaufen zu lassen.
Faktor 8 – Gestose
Eine sogenannte Gestose ist eine Schwangerschaftsvergiftung: Konkret handelt es sich hier um eine körperliche Anpassungsstörung an die Veränderungen während der Schwangerschaftswochen. Eine solche Gestose kann jede Frau betreffen und es ist äußerst wichtig, die Erkrankung so frühzeitig wie nur möglich zu diagnostizieren.
Übergewichtigkeit, ein bestehender Bluthochdruck, eine Diabeteserkrankung, Erkrankungen der Niere oder eine Mehrlingsschwangerschaft sind besondere Risikofaktoren für die Entwicklung einer Gestose. Auch Erstgebärende sind gefährdet eine solche zu entwickeln. Liegen noch weitere Risikofaktoren vor, kann das also der Grund für die Einstufung zur Risikoschwangerschaft sein.
Sprich unbedingt mit Deiner Frauenärztin oder Deinem Frauenarzt über dieses Thema.
Was bedeutet eine „Risikoschwangerschaft“ für die werdenden Mamas?
Erfolgt im Mutterpass dieser Vermerk, so werden die schwangeren Frauen während der einzelnen Schwangerschaftswochen (SSW) besonders engmaschig untersucht und begleitet. Bei Bedarf werden die regulären Vorsorgeuntersuchungen noch durch weitere Tests ergänzt. Auf diese Weise soll das Risiko für Fehlbildungen, Fehlgeburten und Frühgeburten signifikant gemindert werden.
Darüber hinaus können in der Geburtsklinik besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, falls die werdende Mama oder das Baby eine besondere medizinische Betreuung brauchen.
Die Kosten für besondere Untersuchungen werden im Fall einer Risikoschwangerschaft auch von den Krankenversicherern übernommen.
Untersuchungen im Rahmen einer Risikoschwangerschaft
Engmaschige Untersuchungen für Mama und Kind sind im Rahmen einer Risikoschwangerschaft das A und O. Dabei kommt es gar nicht so selten vor, dass Untersuchungen zum Resultat kommen, dass gar keine Risikoschwangerschaft mehr vorliegt.
Untersuchungen für werdende Mütter
Die Ärzte werden die Blut- und Urin-Laborwerte sowie den Blutdruck besonders häufig überprüfen. In der Regel müssen Risikoschwangere bei der Ärztin bzw. beim Arzt häufiger vorstellig werden, um möglicherweise vorhandene Symptome zu sprechen.
Untersuchungen beim Kind
In einer Risikoschwangerschaft ist die Wahrscheinlichkeit für genetische Anomalien beim Baby, für ein zu niedriges Geburtsgewicht oder auch für schwere Folgen wie etwa eine Fehlgeburt deutlich erhöht. Aus diesem Grund müssen die kindlichen Herztöne und insgesamt die körperliche Entwicklung des Ungeborenen engmaschig kontrolliert werden.
Zusätzlich zu einer CTG– oder Ultraschalluntersuchung, können im Rahmen der Pränataldiagnostik Untersuchungen wie eine Nackenfaltenmessung, eine Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) oder auch ein Ersttrimester-Screening in Anspruch genommen werden.
Ob Du die ein oder andere Untersuchung tatsächlich möchtest, bleibt natürlich Dir selbst überlassen. Einigen werdenden Eltern geben solche pränataldiagnostischen Maßnahmen eine große Sicherheit, für andere sind sie hingegen eine massive seelische Belastung. Sie haben infolgedessen Schwierigkeiten, die Schwangerschaft in vollen Zügen zu genießen.
Sprich unbedingt offen mit Deiner behandelnden Ärztin oder Deinem Arzt über die angebotenen Screenings und Test sowie ihre Sinnhaftigkeit in Deinem individuellen Fall.
Was kann man bei einer Risikoschwangerschaft selbst tun?
Im Rahmen einer Risikoschwangerschaft können auch einige Selbstmaßnahmen ergriffen werden.
- Gesunder Lifestyle
Eine gesunde Lebensweise, das bedeutet ausreichend erholsamer Schlaf, regelmäßige körperliche Bewegung und eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährungsweise sind die besten Grundvoraussetzungen, damit Du und Dein Baby gesund bleiben könnt.
Vor allem übergewichtige Frauen können durch einen ausgewogenen Lebensstil viel Positives bewirken.
- Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Frauenarzt
Erkrankungen wie Bluthochdruck oder ein Schwangerschaftsdiabetes sollten regelmäßig ärztlich untersucht werden. Halte Dich auch unbedingt an die Anweisungen Deiner Frauenärztin oder Deines Frauenarztes bzw. Deiner Hebamme. Auch alle erforderlichen Zusatzuntersuchungen sollten gewissenhaft durchgeführt werden. Sie werden von Deiner Krankenkasse auch übernommen. Regelmäßige Vorsorge ist wirklich das A und O.
- Stress abbauen
Stress in der Schwangerschaft kann viele verschiedene Gründe haben, doch Stressbelastungen können eine Risikoschwangerschaft noch zusätzlich verschlimmern.
Jeder Mensch hat hin und wieder Stress, das ist nicht ungewöhnlich. Auch die vielen Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft verhelfen nicht unbedingt immer zu mehr Gelassenheit. Umso wichtiger ist es, Entspannungsrituale im Alltag einzubauen, so etwa Meditation, Achtsamkeitsübungen oder sanfte Yoga-Asanas.
Sprich mit Deiner Hebamme über Schwangeren-Yoga und Schwangerengymnastik. Auch Mediationsapps können für eine Extraportion mentale Gelassenheit im Alltag sorgen.
Fazit – eine Risikoschwangerschaft erfordert eine engmaschige Begleitung
- Rund 80 % aller schwangeren Frauen haben in ihrem Mutterpass den Vermerk „Risikoschwangerschaft“.
- Mögliche Gründe für diese Einstufung sind u. a. das Lebensalter der werdenden Mama, ein zu hohes Körpergewicht, Vorerkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes sowie Mehrlingsschwangerschaften.
- Werdende Mütter, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder älter als 35 sind, werden automatisch als Risikoschwangere eingestuft.
- Eine Risikoschwangerschaft ist kein Anlass zur Besorgnis: Dieser Vermerk bedeutet lediglich, dass diese Schwangerschaft intensiver ärztlich begleitet und betreut wird.
Schreibe einen Kommentar