Der Gestationsdiabetes zählt allgemein zu den am häufigsten vorkommenden Begleiterkrankungen in der Zeit der Schwangerschaft: Im Durchschnitt sind etwa vier von zehn werdenden Müttern von dieser Stoffwechselkrankheit betroffen. Durch die Schwangerschaft kommt es nicht nur zu einem stark veränderten hormonellen Haushalt, sondern auch zu deutlichen Veränderungen im Stoffwechselgeschehen und das kann sich auch auf den Blutzuckerstoffwechsel auswirken. Es ist wichtig, einen Schwangerschaftsdiabetes rechtzeitig zu erkennen und adäquat zu behandeln, da es ansonsten zu ernsten Komplikationen für die Mutter wie auch für das ungeborene Baby kommen kann. Hier in diesem Artikel erfährst Du mehr über die Ursachen, die Risikofaktoren, die Symptome sowie die Behandlung eines Gestationsdiabetes.
Was ist eigentlich ein „Schwangerschaftsdiabetes“?
Diabetes mellitus wird im Volksmund als „Zuckerkrankheit“ bezeichnet. Konkret handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, die einen deutlich erhöhten Blutzuckerspiegel zur Folge hat. Durch den gestörten Zuckerstoffwechsel kann die Glukose aus der Blutbahn nicht mehr in die Zellen des Organismus transportiert werden. Die Folge ist eine ständige Erhöhung des Blutzuckers.
Der Schwangerschaftsdiabetes – in der medizinischen Fachsprache auch als Gestationsdiabetes mellitus (GDM) oder Typ 4 Diabetes bezeichnet – ist eine Sonderform der Zuckererkrankung und wird zum ersten Mal in der Schwangerschaft diagnostiziert.
Warum kann es in der Schwangerschaft zu einer solchen Erkrankung kommen?
Durch den veränderten Hormonhaushalt kommt es in der Schwangerschaft auch zu starken Veränderungen des Stoffwechsels. Der Körper der werdenden Mama hat einen erhöhten Energie- und somit Glukosebedarf, damit das ungeborene Baby optimal wachsen und sich entwickeln kann. Somit steigt auch der Insulinbedarf deutlich an. Die Bauchspeicheldrüse produziert mehr Insulin, um den Blutzuckerspiegel regulieren zu können.
Die Schwangerschaftshormone mindern jedoch die Insulinwirkung. Dabei ist dieses Hormon dafür zuständig, um den Zucker aus der Blutbahn in die Zellen zu befördern. Auf diese Weise werden die Zellen mit Energie versorgt und der Blutzucker sinkt wieder.
Damit dieser Mechanismus einwandfrei funktioniert, muss der Körper werdender Mütter mehr Insulin freisetzen. Bei den meisten schwangeren Frauen gelingt das auch gut, doch bei einigen funktioniert diese Insulin-Mehrproduktion leider nicht.
Darüber hinaus entwickeln die Zellen eine sogenannte Insulinresistenz: Im Körper ist zwar genug Insulin vorhanden, doch die Zellen reagieren nicht ausreichend darauf. Infolgedessen sinken die Werte des Blutzuckerspiegels nicht mehr ausreichend ab. Wird eine bestimmte Grenze überschritten, diagnostizieren Ärztinnen und Ärzte einen Schwangerschaftsdiabetes. Unter Medizinern wird dieser umgangssprachlich auch als „SS-Diabetes“ abgekürzt.
Die Entstehung eines Schwangerschaftsdiabetes im Überblick
- Ein Diabetes kann in der Schwangerschaft zwei Ursachen haben, entweder einen erhöhten Bedarf an Insulin oder eine zunehmende Insulinresistenz.
- Werdende Mamas brauchen mehr Energie. Dafür setzt ihr Körper mehr Glucose frei.
- Um die Glucose aus dem Blutkreislauf in die Zellen zu leiten, wird von der Bauchspeicheldrüse Insulin freigesetzt.
- Bei einigen werdenden Mamas kann die Bauchspeicheldrüse diesen erhöhten Hormonbedarf nicht gewährleisten! Es kommt zu einem Insulinmangel und infolgedessen zu erhöhten Blutzuckerwerten. In einem solchen Fall ist die Rede von einem „echten Insulinmangel“.
- Im ersten Trimester der Schwangerschaft sorgen zudem bestimmte Hormone – wie das HCG Hormon – dafür, dass die Körperzellen sensibler auf das Insulin reagieren.
- Im zweiten sowie im dritten Schwangerschaftsdrittel verändert sich die hormonelle Zusammensetzung noch mehr. Infolgedessen kann es zu einer Insulinresistenz kommen.
- Im Körper der schwangeren Frau ist zwar ausreichend Insulin vorhanden, doch der Blutzuckerwert kann trotzdem nicht zum Absinken gebracht werden, weil die Zellen den Zucker nicht mehr aufnehmen. Das passiert in den meisten Fällen ab der 20 SSW.
Bei einem Gestationsdiabetes kann die Gefahr für bestimmte Komplikationen etwas ansteigen. Mit einer Ernährungsumstellung lässt sich dieses Risiko aber in den meisten Fällen wieder mindern. Die allermeisten Frauen, die unter einem solchen Typ-4-Diabetes leiden, haben ansonsten jedoch einen normalen Schwangerschaftsverlauf und entbinden auch in der Regel ein gesundes Baby.
Wer zählt zur Risikogruppe bei der Entstehung eines Gestationsdiabetes?
Es gibt einige Faktoren, die das Risiko für einen Schwangerschaftsdiabetes erhöhen können. Hierzu gehören:
- Übergewicht (Adipositas) und ungesunde Ernährungsgewohnheiten
- vorangegangene Schwangerschaften, in deren Verlauf bereits ein Gestationsdiabetes diagnostiziert werden konnte.
- zu hohes Körpergewicht des Babys bei früheren Geburten (über 4000 Gramm)
- genetische Prädisposition (Verwandte ersten und zweiten Grades, die an Diabetes mellitus erkrankt sind).
- zu geringe Fruchtwassermenge
- Werdende Mütter ab dem 30. Lebensjahr gelten ebenfalls als Risikopatientinnen.
Werdende Mütter, die zur Risikogruppe gehören, sollten sich medizinischen Empfehlungen zufolge ab der 13. Schwangerschaftswoche testen lassen.
Schwangerschaftsdiabetes vs. Typ 1 & Typ-2 Diabetes – wo liegt der Unterschied?
Eine Zuckererkrankung des Typs 1 oder Typs 2, der bereits vor der Schwangerschaft festgestellt werden kann, entwickelt sich anders als ein Gestationsdiabetes.
- Beim Diabetes mellitus Typ 1 bildet die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr, das Hormon, das den Zucker aus dem Blutkreislauf für die Energiebereitstellung in die Körperzellen schleust.
- Der Typ 2 Diabetes ist vielen unter dem Namen „Altersdiabetes“ bekannt, weil sich die Zuckerkrankheit früher vor allem bei Erwachsenen in der zweiten Lebenshälfte zeigt. Heute werden die Betroffenen leider zunehmend jünger.
Ein Typ 2 Diabetes entwickelt sich schleichend und die Betroffenen spüren lange Zeit nichts von der Stoffwechselkrankheit.
Vor allem zum Krankheitsbeginn steht noch ausreichend Insulin zur Verfügung, nur die Wirkung des Hormons ist reduziert. Infolgedessen nimmt auch die Empfindlichkeit der Zellen auf das Insulin ab. Die Zellen nehmen somit weniger Zucker aus dem Blut auf und es bleiben zu hohe Glukosemengen in der Blutbahn zurück. Gleichzeitig ist in den meisten Fällen die Insulinfreisetzung nach den Mahlzeiten gestört.
Übergewichtige Menschen sind besonders gefährdet einen Typ 2 Diabetes zu entwickeln. Eine kohlenhydratarme, fettbewusste und abwechslungsreiche Ernährung ist bei dieser Diabetes-Form das A und O.
Ein leicht erhöhter Blutzuckerspiegel ist übrigens in den Monaten der Schwangerschaft nicht unüblich. Es gibt aber einen fließenden Übergang zwischen leicht erhöhten Blutzuckerwerten sowie einem Gestationsdiabetes.
Welche Folgen kann ein zu hoher Blutzuckerwert für Mutter und Baby haben?
Schwangerschaften, in deren Verlauf ein Gestationsdiabetes diagnostiziert wurde, werden medizinisch als Risikoschwangerschaft eingestuft.
Mögliche Gefahren für die werdende Mama
- Häufige Nieren-, Harnblasen- oder Scheidenpilzinfektionen. Zu hohe Zuckerkonzentrationen im Urin fördern die Vermehrung schädlicher Krankheitserreger.
- Präeklampsie: Zu dieser sogenannten „Schwangerschaftsvergiftung“ kann es durch Bluthochdruck oder durch Eiweiß im Urin kommen, was eine mögliche Folge eines Gestationsdiabetes ist.
- Zu hohe Fruchtwassermenge: Zu viel Fruchtwasser kann zu einem vorzeitigen Blasensprung führen.
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- Eiweißausscheidungen über den Urin (Proteinurie)
- Ödeme (Wassereinlagerungen)
Mögliche Gefahren für das ungeborene Baby
- Frühgeburt oder Fehlgeburt aufgrund eines frühzeitigen Blasensprungs bzw. der oben genannten Infektionsgefahr.
- übermäßiges Wachstum: Durch die Zuckerüberversorgung des Babys wächst es schneller und legt auch mehr an Gewicht zu.
- Geburtskomplikationen: Bei einem geschätzten Geburtsgewicht von über 4500 Gramm empfehlen Gynäkologen eine Sectio (Kaiserschnittentbindung). Aufgrund der Größe könnte das Baby im schlimmsten Fall im Geburtskanal stecken bleiben und somit unter einer Sauerstoffunterversorgung leiden.
- Nach der Entbindung kann das Baby unter Umständen aufgrund der mangelnden Lungenreife unter Atemnot leiden. Ebenso kann es zu Gehirnschäden aufgrund einer Unterzuckerung oder zur Gelbsucht kommen.
Durch welche Symptome äußert sich ein Gestationsdiabetes?
Ein Schwangerschaftsdiabetes kann oftmals unbemerkt bleiben, wenn die betroffenen Schwangeren keine Beschwerden verspüren.
Folgende Symptome können auf eine Diabeteserkrankung in der Schwangerschaft hinweisen:
- vermehrtes Durstempfinden
- Erschöpfung, Müdigkeitserscheinungen und Schwindelgefühle
- permanenter Harndrang (dieses Symptom ist jedoch auch ein ganz normales Schwangerschaftsanzeichen)
- schnelle oder starke Körpergewichtszunahme
- erhöhter Blutdruck
- Zucker im Urin
- Schwankungen der Fruchtwassermenge (diese kann im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge durch eine Ultraschalluntersuchung festgestellt werden).
Ungeborene Babys reagieren auf den zu hohen Blutzuckerspiegel der Mutter häufig mit einer erhöhten Insulinproduktion. Das steigert zum einen die Urinproduktion und auch die Fruchtwassermenge. Die behandelnde Ärztin bzw. der Arzt kann das aber im Ultraschall erkennen.
Diagnose: Wie kann ein Schwangerschaftsdiabetes festgestellt werden?
In der Regel wird zwischen der 24. und der 28. Schwangerschaftswoche ein sogenannter Zuckerbelastungstest durchgeführt. Bei Risikopatientinnen, also werdenden Mamas mit einem erhöhten Körpergewicht, Bluthochdruck oder einer Diabetes-Erkrankung in der Familie, kann der orale Glukosetoleranztest (oGTT) bereits zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt werden.
Ist der erste Testwert auffällig, werden weitere Folgetests durchgeführt.
Therapie: Wie wird der Schwangerschaftsdiabetes behandelt?
Wird ein Gestationsdiabetes rechtzeitig erkannt, ist er gut zu behandeln. Für die meisten Schwangeren stehen vor allem eine Ernährungsumstellung sowie ein ausreichendes Maß an Bewegung im Fokus. Auch eine überwachte Insulin-Therapie kann in manchen Fällen hilfreich sein. Sehr wichtig, ist ein vertrauensvolles Miteinander und ein regelmäßiger Dialog zwischen Deiner behandelnden Ärztin bzw. Deinem Arzt und Deiner Hebamme.
Folgende Tipps helfen Dir zudem, den Schwangerschaftsdiabetes gut zu kontrollieren:
- Halte den Ernährungsplan ein. Sprich ggf. auch mit einer Ernährungsberatungsstelle.
- Überwache konsequent Deinen Blutzuckerspiegel.
- Führe ein Ernährungstagebuch, in dem Du genau notierst, was Du tagsüber isst und trinkst. So kannst Du schnell und übersichtlich erkennen, welche Nahrungsmittel Deinen Blutzucker beeinflussen und in welchem Maß.
- Sorge regelmäßig für leichte Bewegung. Besonders hilfreich ist ein kleiner Spaziergang nach den Mahlzeiten. Auch leichte Gymnastik- oder Yoga-Übungen helfen Dir dabei, den Blutzuckerspiegel natürlich zu regulieren.
- Kontrolliere Deine Körpergewichtszunahme während der Schwangerschaft.
- Nimm regelmäßig die Vorsorgeuntersuchungen wahr, auch dann, wenn Du Dich rundum wohl und fit fühlst.
Ernährungstipps bei einem Diabetes in der Schwangerschaft
Bei einem diagnostizierten Gestationsdiabetes musst Du keine besondere Diät einhalten und auch nicht zu speziellen Produkten zurückgreifen.
Folgende Tipps können Dir helfen, den Blutzuckerspiegel auf einem stabilen Niveau zu halten:
- Achte besonders auf die Kohlenhydrate, die Du zu Dir nimmst: Einfache Kohlenhydrate, sogenannte Einfachzucker oder Monosaccharide, gehen schnell ins Blut und treiben die Zuckerwerte nach oben. Diese Kohlenhydrate solltest Du vom Speiseplan streichen. Hierzu gehören vor allem Weißmehlprodukte, Süßwaren und Fruchtsäfte.
- Greife zu komplexen Kohlenhydraten, die vor allem in Vollkornbrot, Naturreis oder Vollkornnudeln stecken. Sie lassen den Blutzucker nur langsam ansteigen und halten Dich zudem lange satt.
- Stelle Deine Gerichte clever zusammen: In Kombination mit Eiweiß werden Kohlenhydrate noch langsamer verstoffwechselt.
- Verteile Deine Kalorienzufuhr gleichmäßig über den gesamten Tag. Das hält den Blutzucker stabil und verhindert Insulinspitzen.
- Ernährungsexperten empfehlen das Frühstück aufzuteilen, denn Mahlzeiten auf nüchternem Magen lassen den Blutzucker oft besonders hoch ansteigen. Iss zum Beispiel erst einmal ein halbes Brötchen und gönne Dir ca. eine oder zwei Stunden später ein „zweites Frühstück“, beispielsweise bestehend aus einem Müsli mit Milch oder Naturjoghurt sowie frischen Früchten.
- Ungefähr eine halbe Stunde vor dem Zubettgehen kannst Du einen proteinreichen Snack essen, zum Beispiel ein wenig Naturjoghurt oder Quark. Das sorgt für einen stabilen Blutzuckerwert in den Nachtstunden.
- Für Deine täglichen Hauptmahlzeiten darfst Du zu allen gesunden Lebensmitteln greifen, die zu einer abwechslungsreichen und vollwertigen Schwangerschaftsernährung dazugehören. Gemüse sollte immer die Grundlage Deiner Mahlzeiten sein, ergänzt durch komplexe Kohlenhydrate sowie gesunde Eiweiße aus magerem Fleisch und Fisch. Als Nachtisch kannst Du Dir ein Stückchen Obst gönnen.
- Fertiggerichte und Fast Food liefern viele „leere“ Kalorien. Greife vielmehr zu naturbelassenen und saisonalen Lebensmitteln.
Alles Wichtige zum Schwangerschaftsdiabetes auf einen Blick
- Werdende Mütter mit einem Gestationsdiabetes haben ein erhöhtes Risiko für seltene Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen.
- Der Übergang einem lediglich leicht erhöhten Blutzuckerwerten – die in der Schwangerschaft keine Seltenheit sind – und einem Schwangerschaftsdiabetes, ist fließend.
- Bei den allermeisten schwangeren Frauen verläuft die Schwangerschaft trotz einer Diabeteserkrankung problemlos. Sie entbinden ein gesundes Baby.
- Ein Gestationsdiabetes ist nicht gleichzusetzen mit einem Typ 1 oder Typ 2 Diabetes. Die betroffenen werdenden Mütter haben also keine chronische Erkrankung.
- Eine Ernährungsumstellung sowie mehr Bewegung im Alltag sind sehr wichtig, um den Blutzuckerwert nachhaltig zu senken.
- Nur die wenigsten schwangeren Frauen benötigen vorübergehend zusätzliche Insulingaben.
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