Mehr als nur Übelkeit und Migräne: Schwangere können eine Vielzahl an Beschwerden erleben
Bereits im ersten Trimester durchläuft Dein Körper enorme hormonelle Veränderungen, der Stoffwechsel wird umgestellt und sowohl Dein Bewegungsapparat wie auch alle Organsysteme passen sich mehr und mehr an die Anforderungen der Schwangerschaft an.
- Die zusätzliche Belastung des Bewegungsapparats kann Muskelverspannungen, vor allem im Schulter- und Nackenbereich, zur Folge haben.
- Die zunehmende Trägheit des Darms kann zu Verdauungsbeschwerden wie beispielsweise Blähungen führen.
- Die vermehrte Durchlässigkeit der Gefäße begünstigt Wassereinlagerungen im Gewebe, so dass Unterschenkel und Füße oft anschwellen.
- Das Herz muss nun deutlich mehr Blut durch den Körper pumpen – eine Mehrbelastung, die Kreislaufschwäche und manchmal auch Schwindel herbeiführen kann.
- Die vielen Veränderungen einer Schwangerschaft können auch die Psyche belasten: Viele werdende Mütter verspüren Stress und Angstgefühle, können schlecht einschlafen oder fühlen sich nach dem Aufwachen nur unzureichend erholt.
Beschwerden in der Schwangerschaft: 7 natürliche Wege zur Schmerzlinderung
Ob körperliche Schmerzen oder psychische Belastung – gerade in der Schwangerschaft sind natürliche und sanfte Behandlungsmethoden besonders gefragt. Diesem Wunsch kommen viele Hebammen und auch zunehmend Frauenärzte und -ärztinnen gerne nach!
Dabei kommt es jedoch immer auf die Diagnose an: Es gibt auch Schwangerschaftsbeschwerden, bei denen eine pharmazeutische Therapie ratsam oder auch notwendig ist. Da ist es gut zu wissen, dass es mittlerweile viele Medikamente gibt, die auch während der Schwangerschaft ohne Gefahr für Mutter und Kind eingesetzt werden können.
Doch die gute Nachricht ist, dass viele der häufigen Beschwerden in der Schwangerschaft auf sanfte, natürliche Weise behandelt werden können, zum Beispiel mit:
- Dehnübungen
- Wärme
- Massagen
- Kompressionsstrümpfen
- Heilpflanzen-Tees
- homöopathischen Mitteln
- Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen
Entspannt und locker: Nutze Dehnübungen gegen Verspannungen
Verspannungen und Schmerzen des Bewegungsapparats zählen mit zu den häufigsten Beschwerden in der Schwangerschaft. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe:
- Zum einen verändert sich Deine Körperhaltung: Je größer der Bauch wird, desto mehr verlagert sich der Körperschwerpunkt nach vorn. Viele Frauen ziehen zum Ausgleich die Schultern nach hinten – in den letzten Schwangerschaftswochen wiederum werden die Schultern durch die schwerer werdende Brust nach vorn gezogen. Das kann zu Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich führen.
- Die stete Gewichtszunahme bedeutet eine zusätzliche Belastung für Deine Wirbelsäule, Gelenke und Muskeln und Gelenke.
- Dazu kommt oft eine Fehlbelastung durch Schonhaltungen, die werdende Mütter bei Mutterbandschmerzen einnehmen – oder wenn das wachsende Kind die inneren Organe verschiebt und dadurch ein Nerv gequetscht wird.
Hier können regelmäßige Dehnübungen helfen – sowohl zur Vorbeugung, als auch zur Linderung von Verspannungen und Schmerzen. Wichtig sind hierbei sanfte, langsame und kontrollierte Bewegungen; bei Übungen im Stehen solltest Du zudem auf einen sicheren Stand achten, um einen Sturz zu vermeiden.
Wenn Du Dich unsicher fühlst, was die Übungsauswahl und -intensität angeht, empfiehlt sich ein Training unter fachkundiger Anleitung, vor Ort oder über Video. Zertifizierte Kursangebote für Schwangere werden oft auch von Deiner Krankenkasse bezuschusst – Nachfragen lohnt auf jeden Fall!
Warm und wohlig: So kann Dir Wärme bei Deinen Beschwerden in der Schwangerschaft helfen
Wenn Du mit solchen Beschwerden zu kämpfen hast, kann Wärme helfen, die Muskeln besser zu durchbluten, die Schmerzwahrnehmung zu lindern und Verspannungen zu lösen:
Eine erste Option ist eine Wärmflasche – ganz einfach mit heißem Wasser befüllt, ganz klassisch aus Gummi oder mit einem Bezug aus Stoff.
Gut geeignet für den Schulter- und Nackenbereich sind auch Wärmekissen, die im Backofen oder in der Mikrowelle erwärmt werden; neben dem bekannten Kirschkernkissen gibt es auch Körnerkissen, die mit Dinkel oder anderen Getreiden gefüllt sind.
Eine heiße Dusche oder ein warmes Wannenbad können ebenfalls zur Muskelentspannung beitragen; ggf. können auch ätherische Öle mit in das Badewasser gegeben werden. Gut geeignet für Schwangere sind vor allem blumig-weiche Duftnoten wie Lavendel, Rose oder Orange. Stark anregende und wärmende Öle wie Nelke und Zimt dagegen solltest Du während der Schwangerschaft nicht verwenden. Wenn Du Dir bei einem bestimmten Badezusatz nicht sicher bist, frage am besten Deine Hebamme[1].
[1] Siehe dazu auch das Experteninterview mit der Hebamme, Autorin und Referentin Ingeborg Stadelmann: Schwangerschaftsbeschwerden sanft & natürlich lindern oder ausführlicher ihr mittlerweile bereits in 5. Auflage publiziertes Buch “Die Hebammen-Sprechstunde”.
Schmerzlinderung auf die natürliche Art: Mit Akupressur und Selbstmassage zu mehr Wohlbefinden
Wenn Du Muskelverspannungen lindern möchtest, kannst Du es auch mit einer sanften Massage probieren. Dabei kannst Du auch Hilfsmittel wie beispielsweise eine Faszienrolle verwenden. Eine einfache und zugleich wirkungsvolle Übung geht so:
- Lege Dich auf den Rücken, am besten auf eine Yogamatte oder einen weichen Teppich.
- Die Beine werden leicht angewinkelt aufgestellt.
- Deine Arme liegen entspannt neben dem Körper.
- Lege die Faszienrolle unter den Nacken und drehe den Kopf langsam von einer Seite zur anderen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Akupressur: Dabei wird sanfter Druck auf bestimmte Punkte ausgeübt, um Beschwerden zu lindern, indem man – so die Lehre der Traditionellen Chinesischen Medizin – die Lebensenergie, das Qi, wieder in Fluss bringt. Das Auffinden der richtigen Punkte erfordert einige Übung – einer der bekanntesten Punkte ist sicherlich der P6-Punkt, der mittig auf der Innenseite des Unterarms, etwa drei Finger über dem Handgelenk, liegt und unter anderem gegen Übelkeit hilft.[2]
Kompressionsstrümpfe als natürliche Unterstützung bei Beinschmerzen
Wenn Du während der Schwangerschaft mit geschwollenen Füßen oder Beinen zu kämpfen hast, bieten Kompressionsstrümpfe eine ebenso natürliche wie wirksame Lösung: Gerade im dritten Trimester kommt es bei vielen Frauen zu einer vermehrten Wassereinlagerung im Gewebe, so dass die Beine merklich dicker werden. Kompressionsstrümpfe können hier Linderung bringen und verringern zugleich das Risiko für die Entstehung von Krampfadern und Thrombosen[3]. Was bei geschwollenen Beinen auch hilft: keine zu engen Schuhe tragen, tagsüber in Bewegung bleiben und bewusst Pausen einplanen, in denen Du – wortwörtlich – die Beine hochlegen kannst
Von Fenchel über Frauenmantel bis Kamille: Tee-Sorten bei Beschwerden in der Schwangerschaft
Verdauungsbeschwerden in der Schwangerschaft, insbesondere Blähungen, sind ein Thema, das viele werdende Mütter betrifft, aber oft schamhaft verschwiegen wird. Doch nur wenn Du ein Problem ansprichst, kann Deine Hebamme Dich nach besten Kräften unterstützen! Eine bewährte Teemischung für Magen und Darm ist die Kombination von Fenchel, Kümmel und Anis[4]. Du kannst diesen Tee als Fertigmischung in der Apotheke erwerben oder die Samen separat kaufen und selbst mischen. Wenn Dir der Geschmack nicht ganz zusagt, kannst Du die Mischung mit Kamille abrunden. Worauf Du in jedem Fall achten solltest, ist die Bio-Qualität Deines Kräutertees.
Es gibt auch spezielle Teemischungen für Schwangere, die traditionelle “Frauenheilkräuter” wie beispielsweise Brennnessel, Frauenmantel, Melisse, Scharfgarbe und Himbeerblätter enthalten.
Es gibt jedoch auch Teekräuter, die für werdende Mütter ungeeignet sind – auch hier solltest Du im Zweifel daher stets Deine Hebamme oder Deinen Frauenarzt bzw. Deine Frauenärztin um Rat fragen!
Homöopathische Mittel: Eine mögliche Option in Rücksprache mit Deinem Arzt oder Deiner Hebamme
Bei Beschwerden in der Schwangerschaft können auch homöopathische Mittel eingesetzt werden. Eine Selbstmedikation ist allerdings nur ratsam, wenn Du Dich schon länger mit dem Thema Homöopathie beschäftigt hast und Dich mit den verschiedenen Mitteln und ihren Potenzen gut auskennst – das betont auch Ingeborg Stadelmann, eine erfahrene Hebamme, Phytotherapeutin und erfolgreiche Autorin, in einem exklusiven Interview über die natürliche Behandlung von Beschwerden in der Schwangerschaft [1].
Ein homöopathisches Mittel, das häufig zur Selbstbehandlung verwendet wird, ist Tabacum: Es eignet sich besonders bei Blässe und Kreislaufschwäche, zum Teil auch mit Schwindel.
Wenn Du Beschwerden in der Schwangerschaft homöopathisch behandeln möchtest, solltest Du Dich am besten von Experten beraten lassen: Oft bieten Hebammen eine entsprechende Beratung an, ansonsten kannst Du Dich an Heilpraktiker, Apotheker oder auch Deinen Arzt bzw. Deine Ärztin wenden[1].
Wie Du durch Achtsamkeit Beschwerden in der Schwangerschaft lindern kannst
Die Schwangerschaft ist eine Zeit der Veränderungen – Dein Bauch wächst, Deine Hormone fahren Achterbahn und es gibt tausende Dinge zu entscheiden…Da ist es kein Wunder, dass viele werdende Mütter neben der Vorfreude auch Stress und Anspannung verspüren.
Achtsamkeitsübungen können Dir helfen, stressbezogene Beschwerden in der Schwangerschaft zu reduzieren – gerade auch was den Umgang mit der Angst vor Entbindungsschmerz angeht[5].
Auch sanftes Schwangeren-Yoga kann werdende Mütter psychisch wie physisch unterstützen, unter anderem zur Vorbeugung von Rückenschmerzen[8].
Entspannungsübungen sind auch bei Schlafbeschwerden in der Schwangerschaft zu empfehlen, die besonders im dritten Trimester häufiger auftreten und negative Auswirkungen auf den Verlauf von
Schwangerschaft und Geburt haben können. Da ist es gut zu wissen, dass Du mit Hilfe von Entspannungsübungen nicht nur Deine subjektive Schlafqualität, sondern auch die Einschlafzeit und Schlafdauer messbar verbessern kannst[9].
Wichtige Warnsignale: Wann Du bei Beschwerden einen Arzt aufsuchen solltest
Ob Schmerzen oder Übelkeit – gerade wenn Beschwerden in der Schwangerschaft länger anhalten oder sich verschlimmern, solltest Du Dich besser an Deinen Arzt bzw. Deine Ärztin wenden. Dies ist wichtig, um die Ursache der Beschwerden abzuklären und ggf. eine geeignete Behandlung einzuleiten, um Dein Wohlbefinden während der Schwangerschaft zu verbessern.
Quellen:
[1] Siehe dazu auch das Experteninterview mit der Hebamme, Autorin und Referentin Ingeborg Stadelmann: Schwangerschaftsbeschwerden sanft & natürlich lindern oder ausführlicher ihr mittlerweile bereits in 5. Auflage publiziertes Buch “Die Hebammen-Sprechstunde”.
[2] Bühling, K. J., & Bohnet, H. G.: Ursachen und Therapie der Schwangerschaftsübelkeit. In: Frauenarzt 2006, 47 (12), S. 1110-1113
[3] A. Adamczyk , M. Krug , S. Schnabl , H.-M. Häfner: Kompressionstherapie in der Schwangerschaft: Fluch oder Segen? In: Phlebologie 2013; 42(06), S. 301-307. DOI: 10.12687/phleb2165-6-2013
[4] Ursel Bühring: Problemfall Blähungen. In: Zeitschrift für Phytotherapie 2005; 26(1), S. 27-29. DOI: 10.1055/s-2005-865248
[5] N.E.C.H. Deguelle, L. Wirken: Ist eine achtsamkeitsorientierte Geburtsvorbereitung wertvoll? Die Meinung von Geburtshelfer! In: Geburtshilfe und Frauenheilkunde 2016; 76 – P15 DOI: 10.1055/s-0036-1583788
[8] Gupta, Hedwig H.: Yogatherapie in der Schwangerschaft. In: Erfahrungsheilkunde 2018; 67(06), S. 345-351. DOI: 10.1055/a-0785-5987
[9] Semiha Ayd?n Özkan, Gülay Rathfisch: The effect of relaxation exercises on sleep quality in pregnant women in the third trimester: A randomized controlled trial. In: Complementary Therapies in Clinical Practice 2018, Vol. 32, S. 79-84, https://doi.org/10.1016/j.ctcp.2018.05.008.
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