Sie haben es sicher schon bemerkt: Neun Monate in guter Hoffnung hinterlassen ihre Spuren. Das Bindegewebe gibt nach, Schwangerschaftsstreifen entstehen. In den letzten Wochen vor der Entbindung schwellen Füße und Unterschenkel an, Krampfadern und Hämorrhoiden sind ebenfalls präsent. Vielleicht beobachten Sie Zahnfleischbluten, brüchige Nägel oder Schwangerschaftsakne. All diese Erscheinungen haben einen gemeinsamen Nenner: Sie sind normal und flauen allmählich nach der Geburt ab. Wiederum gibt es spezielle, schwangerschaftstypische Hauterkrankungen, die mit massivem Jucken (Pruritus) einhergehen. Was es mit den Schwangerschaftsdermatosen auf sich hat, erfahren Sie in unserem Ratgeber.
Schwangerschaftsdermatosen: Welche Hauterkrankungen in der Schwangerschaft gibt es?
Polymorphes Exanthem (PEP) – Eine von 200 Frauen leidet daran
Die Patientinnen vergleichen ihre Beschwerden mit dem Hautkontakt einer Brennnessel. Von diesem Hautleiden sind vor allem Erstgebärende, Mehrlingsmütter und Schwangere, die stark zugenommen haben, betroffen. Das Polymorphe Exanthem (PEP) äußert sich durch Krabbeln, Brennen und Kribbeln. PEP (Polymorphic Eruption of Pregnancy) beginnt im letzten Schwangerschaftsdrittel, bisweilen auch erst nach der Geburt. Um den Juckreiz einzugrenzen, verordnet der Arzt cortisonhaltige Salben oder Allergiemedikamente (Antihistaminikum). Diese können Sie bedenkenlos anwenden.
Klassische Hinweise auf das Polymorphe Exanthem sind Knötchen im Bereich der Dehnungsstreifen. Sie breiten sich großflächig aus; Gesäß und Oberschenkel werden mit befallen. Nabelbereich, Oberkörper und Gesicht bleiben ausgespart. Nach der Geburt , verschwinden die Symptome dieser Schwangerschaftsdermatose innerhalb von sechs Wochen. Die Knötchen heilen auch ohne Behandlung vollständig ab und hinterlassen keine Narben. Das polymorphe Exanthem ist ungefährlich für Mutter und Kind!
Atopische Schwangerschaftsdermatose (AEP) – Häufigkeit 1:20
Eines vorweg: An dieser Hautkrankheit scheiden sich die Geister. Im Vergleich zu den anderen Schwangerschaftsdermatosen zeigt sich die AEP vergleichsweise früh. Sie wird manchmal schon in den ersten zwölf Wochen, manchmal in der Schwangerschaftsmitte diagnostiziert. Frauen, die bereits Ekzeme, Neurodermitis oder eine erbliche Überempfindlichkeit haben, leiden eher daran. Experten vermuten darin die Ursache. Bewiesen ist aber nichts.
Bei atopischen Schwangerschaftsdermatosen ist der Ausschlag an Körperstamm, Beugeseiten von Armen und Beinen, Gesicht, Hals und Dekolleté lokalisiert. Die Haut ist auffallend trocken, deshalb wird mit rückfettenden Cremes behandelt. Milde Präparate mit Cortison oder Harnstoff kommen ebenfalls gegen die juckenden Papel und Knötchen zum Einsatz. Abhilfe schafft auch Lichttherapie (UV-B-Licht). Das Ungeborene nimmt keinen Schaden!
Pemphigoid gestationes, Herpes gestationes (PG) – Seltene Autoimmunerkrankung (1:50.000)
Wenn die Abwehr verrückt spielt: Beim Herpes gestationes sind die Hormone schuld. Diese Schwangerschaftsdermatose tritt ab der 14. Schwangerschaftswoche auf, kann auch erst im Wochenbett einsetzen. Ohne Grund und Absicht sieht das Immunsystem körpereigene Eiweiße als Störenfriede an. Es reagiert unter anderem mit Entzündungsreaktionen an der Oberhaut. Heftiges Jucken sowie kreisrunde, rote Flecken an Nabel, Rumpf und Extremitäten sind die Folge. Anschließend bilden sich Bläschen. Bei Ausbruch dieser Schwangerschaftsdermatose helfen cortisonhaltige Salben, eventuell Allergiemedikamente.
Bei PG besteht ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko, sowie das Risiko einer Plazentainsuffizienz. Zur Sicherheit wird Ihr Arzt die Schwangerschaft engmaschig überwachen.
Intrahepatische Schwangerschaftscholestase (ICP) – Gallenstau im System
Wird eine Schwangerschaftscholestase festgestellt, ist der Gallenabfluss in der Leber behindert. Auslöser dieser Störung sind ein genetischer Fehler seitens der Mutter sowie der gesteigerte Abbau von Hormonen (Östrogen und Progesteron). Primäres Merkmal einer ICP ist der immense Juckreiz an Bauch, Po, Armen und Beinen. Der Juckreiz entsteht durch eingeschwemmte Gallensäuren im Hautgewebe. Sie bewirken das Gelbwerden der Haut und Bindehaut (Auge). In Ausnahmen klagen die Patientinnen über Übelkeit und Erbrechen. Pusteln, Bläschen usw. fehlen vollständig. Um die intrahepatische Schwangerschaftscholetase eindeutig zu bestimmen, werden die Leberwerte überprüft.
Die ICP ist selten, betrifft in Deutschland durchschnittlich eine von 40.000 Frauen, tritt in den letzten drei Monaten auf. Für die Mütter besteht unter der Geburt ein erhöhtes Blutungsrisiko, da oft die Blutgerinnung mit gestört ist. Die Babys sind weit mehr gefährdet: Gelangen die Gallensäuren in den kindlichen Kreislauf, drohen Vergiftungen. Frühgeburten geschehen öfter; einzelne Totgeburten sind dokumentiert.
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