Im Internet kursieren viele Artikel über die Ramzi Methode und ihr Ziel, das Geschlecht der Kinder bereits in der 6. SSW eindeutig ermitteln zu können. Das klingt spannend, denn wenn eine Frau schwanger ist, wächst die Neugierde schnell, ob sie ein Mädchen oder einen Jungen erwartet. Doch was verbirgt sich hinter der Ramzi Theorie genau? Und wie verlässlich ist sie?
Die Ramzi Methode – was ist das eigentlich?
Bei der Ramzi-Methode handelt es sich um ein Verfahren zur frühen Geschlechtsbestimmung beim Embryo. Entwickelt wurde es mutmaßlich von dem Gesundheitswissenschaftler Dr. Saam Ramzi Ismail. Seine Methode basiert auf der Bestimmung der Lage von Plazenta und Nabelschnuransatz durch Ultraschallbilder. Sie könne ab der 5. bis zur 8. SSW angewendet werden. Nach der 8. Schwangerschaftswoche beginnt sich die Plazenta zu bewegen, wodurch das Verfahren unwirksam werde.
Um den Aufbau der Gebärmutter im Detail zu ermitteln, ist ein vaginaler Ultraschall und eine farbcodierte Doppler-Sonografie nötig. In Kombination werden beide Sonografien auch „Duplexsonografie“ oder „Farbduplex“ genannt. Dieser spezielle Ultraschall ermöglicht dem Arzt, die Richtung des Blutflusses zu erkennen und kleine Gefäße sichtbar zu machen. Dadurch sei auch der Aufbau der Gebärmutter gut erkennbar. Wichtig sei, dass der Ultraschall vaginal durchgeführt werde. Abdominale Untersuchungen sind spiegelverkehrt und verkomplizieren die Auswertung der Ultraschallbilder.
Die Position der Plazenta lässt sich anhand der hellen Stellen auf dem Ultraschallbild erkennen. Sie umgeben die Fruchtblase. Der Ansatz der Nabelschnur wird an den Chorionzotten ersichtlich. Chorionzotten sind kleine Ausbuchtungen oder längliche Ausstülpungen der Zottenhaut (griech. „Chorion“). Die Zottenhaut ist eine embryonale Hülle, die den Stoffaustausch zwischen den Müttern und Kindern gewährleistet.
Wie funktioniert die Ramzi Methode?
Die Ramzi-Methode stützt sich auf die Annahme, dass es einen Zusammenhang zwischen der Lage der Plazenta ebenso wie des Nabelschnuransatzes und dem Geschlecht des Kindes gibt. Ihre Position sei ein sicheres Anzeichen für die Entwicklung der Geschlechtsorgane. Demgemäß handele es sich bei einem Embryo um einen Jungen, wenn sich Plazenta und Nabelschnuransatz rechts in der Gebärmutter befinden. Liegen sie links, sei das Kind ein Mädchen. Dies könne mit einem Vaginalultraschall festgestellt werden. Abdominale Sonografien seien auch möglich, jedoch müsse berücksichtigt werden, dass sie spiegelverkehrte Ultraschallbilder produzieren.
Die Ramzi Methode, das Geschlecht der Kinder bereits beim 1. Ultraschall zu bestimmen, geht auf die Veröffentlichung einer Studie aus dem Jahr 2011 zurück. Als Initiator dieser Studie gilt der Gesundheitswissenschaftler Dr. Saam Ramzi Ismail. Seine Autorenschaft ist allerdings nicht bestätigt und sein akademischer Hintergrund weitestgehend unbekannt. Da der Artikel, der in keinem anerkannten Fachjournal veröffentlicht wurde, nicht mehr abrufbar ist, ist sowohl das Design der Studie (ihre Methodik) als auch die Datenlage unklar.
Wie verlässlich ist die Ramzi Theorie?
Über Ramzis Studie wird behauptet, dass er 5000 Schwangere in der 6. Schwangerschaftswoche mit einem Vaginalultraschall untersucht und dabei auf den Aufbau der Gebärmutter geachtet habe. Dabei sei mit einer Zuverlässigkeit von 97 % festgestellt worden, welches Geschlecht ein Embryo habe. Die Prognosen wären zwischen der 18. Und 20. Schwangerschaftswoche kontrolliert worden und hätten die Ergebnisse der frühen Bestimmung bestätigt.
Im Jahr 2010 wurde wohl bereits eine ähnliche Studie in Australien durchgeführt. Es wurde darin untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Aufbau der Gebärmutter in den ersten Schwangerschaftswochen und dem Geschlecht des Embryos geben könnte. Die Studie führte nicht zu eindeutigen Ergebnissen, sodass diese Annahme nicht belegt werden konnte. Es ist außerdem auffällig, dass die Ramzi Theorie von der Fachwelt nicht aufgegriffen und seine Studie nicht reproduziert wurde.
Das von Ramzi vorgeblich entwickelte Verfahren gilt deshalb nicht als verlässlich. Seine Zuverlässigkeit ist vergleichbar mit der des chinesischen Mondkalenders oder der Nub Theorie.
Chinesischer Mondkalender und Nub-Theorie – weitere unsichere Methoden zur Geschlechtsbestimmung
Gemäß dem chinesischen Mondkalender erlaube der Zeitpunkt der Empfängnis in Beziehung zum „Mondalter“ der Mütter ein Urteil über das Geschlecht der Kinder. Er basiert auf Erfahrungen, Beobachtungen und astrologischen wie statistischen Daten.
Die Nub-Theorie gründet hingegen auf der Beobachtung, dass bei Jungs ab der 8. Schwangerschaftswoche im Genitalbereich eine kleine Wölbung zu erkennen ist, eine „Noppe“ oder ein „Stummel“ (englisch „nub“). Aus dieser Wölbung entwickeln sich später die Geschlechtsorgane der Kinder. Der Winkel dieser Noppe ebenso wie seine Länge und Form zeigen dieser Theorie zufolge an, um welches Geschlecht es sich handele.
Wenn eine Frau schwanger ist, beginnt schnell das Rätselraten darüber, ob sie einen Jungen oder ein Mädchen erwartet. Denn nicht nur die werdenden Eltern sind neugierig. Der Erfahrungsschatz der Freunde, Großeltern und Nachbarn wirkt riesig. Ob es die Form des Bauches ist, Sodbrennen, Schwangerschaftsübelkeit oder besonders schöne Haut, hinter allem verbergen sich Anzeichen für das eine oder das andere Geschlecht. Es ist das perfekte Thema für einen Small Talk. Doch darf es mehr als das sein?
Das Geschlecht früh bestimmen: Wie gefährlich ist es?
Unabhängig von der fraglichen Wirksamkeit der Ramzi Methode, des chinesischen Mondkalenders oder der Nub-Theorie kann ihre Legitimität infrage gestellt werden. In vielen Ländern ist es möglich, eine Schwangerschaft straffrei bis zur 12. Schwangerschaftswoche zu beenden. Da das Geschlecht des Kindes die Entscheidung beeinflussen könnte, besteht die Gefahr der Geschlechtsselektion. In Deutschland ist es Ärzten deshalb untersagt, Eltern das Geschlecht ihres Babys vor der vollendeten 12. SSW mitzuteilen (Gendiagnostikgesetz § 15).
In seltenen Fällen kann eine frühe Geschlechtsbestimmung Eltern, die von genetischen Krankheiten betroffen sind, möglicherweise dabei helfen, sich für oder gegen Erbgutuntersuchungen zu entscheiden. Im Falle des Klinefelter-Syndroms, auch XXY-Syndrom genannt, kann die Information, dass es sich um einen Jungen handelt, die Eltern zum Beispiel zu genetischen Untersuchungen bewegen. Denn bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Chromosomenstörung bei Männern, die in einem oder mehreren überzähligen X-Chromosomen besteht.
Sie wurde 1942 von den US-Amerikanern Harry F. Klinefelter, Fuller Albright und Edward C. Reifenstein entdeckt und 1959 von der Genetikerin Patricia A. Jacobs spezifiziert. Das XXY-Syndrom hat eine fehlende oder verminderte hormonelle Aktivität des Hodens zur Folge und geht mit Zeugungsunfähigkeit einher. Da Hormone außerdem viele wichtige Aufgaben erfüllen, kann das Klinefelter-Syndrom mit unterschiedlich schwerwiegenden Symptomen und Beschwerden verbunden sein.
Zuverlässige Möglichkeiten der Geschlechtsbestimmung
In der Regel kann eine Ärztin beim 2. großen Ultraschall, der fetalen Sonografie, das Geschlecht des Babys bestimmen. Während Sie schwanger sind, werden mindestens drei umfangreichere Ultraschalluntersuchungen durchgeführt. Doch bei der ersten, die etwa zur 10. Schwangerschaftswoche stattfindet, haben sich die Geschlechtsorgane des Kindes noch nicht sichtbar herausgebildet. Dadurch kann die Ärztin oder der Arzt nicht sehen, ob der Embryo ein Junge oder ein Mädchen ist. Hier geht es in erster Linie darum, die Schwangerschaft zu bestätigen und den Fortschritt der Schwangerschaft festzustellen, um den Geburtstermin zu berechnen. Bei der 2. Ultraschalluntersuchung wird hauptsächlich auf Fehlbildungen oder andere Auffälligkeiten geachtet. Sie findet zwischen der 18. und 22. Schwangerschaftswoche statt. Das 3. Screening wird in der 29. bis 32.SSW durchgeführt. Das Kind wird nochmals gemessen, seine Lage wird geprüft und sein Herzschlag wird kontrolliert.
Wer sich hingegen bei der ersten größeren Untersuchung für einen Preana-Test entscheidet, um das Risiko zu ermitteln, inwiefern das Baby an Trisomie 21, 18 oder 13 oder an Monosomien erkrankt sein könnte, kann sich außerdem parallel für eine genetische Geschlechtsbestimmung entscheiden. Denn dieser Test basiert auf einer Blutentnahme, mit der das Erbgut des Kindes, also seine Chromosomen, untersucht werden. Dabei kann gleichzeitig festgestellt werden, ob der Fötus männlich oder weiblich ist. Allerdings darf der Arzt den werdenden Eltern das Ergebnis erst nach Vollendung der 12. SSW mitteilen. Dies entspricht dem deutschen Gendiagnostikgesetz. Es soll gewährleisten, dass das Geschlecht eines Kindes keinen Einfluss auf die Entscheidung hat, eine Schwangerschaft abzubrechen.
WerbungDas Wichtigste zum Thema “Ramzi-Methode” auf einen Blick
- Die sogenannte Ramzi Theorie ist eine fragliche Methode zur Bestimmung des Geschlechts in der frühen Schwangerschaft.
- Sie stellt einen Zusammenhang zwischen der Lage von Plazenta sowie Nabelschnuransatz und dem Geschlecht der Babys her. Würden diese links in der Gebärmutter liegen, sei das ein sicheres Anzeichen für ein Mädchen. Befänden sie sich rechts, sei der Embryo ein Junge.
- Der Methode liegt eine Studie zugrunde, deren Autorenschaft zweifelhaft ist und die wissenschaftlich weder geprüft noch belegt ist.
- Die Geschlechtsbestimmung vor der vollendeten 12. Schwangerschaftswoche birgt zudem ethische Risiken. In Deutschland ist es Ärzten untersagt, das Geschlecht vorher preiszugeben.
- Das Geschlecht in der frühen Schwangerschaft zu bestimmen ist mit einer Blutuntersuchung möglich, die auf das Erbgut zielt. Dieses Verfahren ist verlässlich.
- Ebenso sicher ist ein Ultraschall zwischen der 18. und 22. Schwangerschaftswoche. Er führt überwiegend zu eindeutigen Ergebnissen.
Quelle: https://www.medicalnewstoday.com/articles/ramzi-theory
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