Unsere Eltern haben noch gelernt „Schwangerschaft & Sport – das geht nicht!“. In den letzten Jahren hat sich die Wissenschaft mit diesem dem Thema endlich einmal näher beschäftigt und herausgefunden: Moderater Sport ist für Mutter und Kind gesund und bringt zahlreiche Vorteile mit sich!
Vorteile, die sich für die Schwangere ergeben:
- weniger Müdigkeit, statt dessen mehr Energie und Wohlbefinden
- mehr Kraft und Ausdauer für den Alltag mit dickem Babybauch
- weniger schwangerschaftstypische Beschwerden wie z.B. geschwollene Füße, Inkontinenz, Rücken- und Nackenschmerzen
- weniger gesundheitliche Probleme wie z.B. Schwangerschaftsdiabetes, Thrombose, Bluthochdruck, Verstopfung
- mehr emotionale Ausgeglichenheit
- mehr Durchhaltevermögen für die Geburt
- mehr Körpergefühl für die Geburt und die anschließenden Rückbildungsübungen
- alle Muskeln, Sehnen und Bänder des Rumpfes bilden sich nach der Entbindung schneller zurück und werden schneller wieder funktionstüchtig
- nach der Entbindung verläuft die emotionale sowie körperliche Regeneration besser
- insgesamt mehr Energie für die anstrengenden ersten Baby-Monate
Gesundheitsrisiken beim Sport in der Schwangerschaft
Eine gesunde Frau mit „normal“, d.h. unkompliziert verlaufender Schwangerschaft braucht keine Angst vor gesundheitlichen Komplikationen haben, sofern sie bei ihren sportlichen Aktivitäten ein paar Besonderheiten und Sicherheitsregeln beachtet. Alle bislang durchgeführten Untersuchungen haben ergeben, dass weder die Gefahr einer Frühgeburt noch frühzeitiger Wehen besteht.
Leider ist nicht jede schwangere Frau vollkommen gesund und leider verläuft nicht jede Schwangerschaft unkompliziert. Es gibt auch Fälle, in denen vom Sport vollkommen abzuraten ist.
Ein absolutes Tabu für Sport gilt…wenn
- der Frauenarzt eine Risikoschwangerschaft diagnostiziert
- die Schwangerschaft mithilfe einer Kinderwunschtherapie zustande kam
- es früher schon mal eine Früh- oder Fehlgeburt (ab der 13. SSW) gab
- die Frau irgendwann am Unterleib bzw. an den weiblichen Geschlechtsorganen operiert wurde
- die Frau extrem übergewichtig oder stark untergewichtig ist
- die Frau zu wenig zunimmt
- eine der folgenden Erkrankungen vorliegt: chronische Herzerkrankung, chronische Lungenerkrankung, chronische Erkrankung des Bewegungsapparats, Anämie, Bluthochdruck, Schilddrüsenerkrankung
Sicherheit beim Sport in der Schwangerschaft
Wenn aus medizinischer Sicht kein Sportverbot vorliegt, sollten die im Folgenden beschriebenen Besonderheiten und Sicherheitsregeln beachtet werden.
1. Zwei Gänge runter schalten:
Der Körper macht jetzt zahlreiche Veränderungen durch (z.B. Hormonumstellung, Veränderung der Körperstatik) und ist weniger leistungsfähig. Deshalb gilt: Hohe Belastungen meiden und regelmäßig Pausen machen! Sportlicher Ehrgeiz ist tabu!
Es macht auch keinen Sinn, im schwangeren Zustand eine neue Sportart zu erlernen, denn der Körper hat nun anderes zu tun als sich koordinativ und konstitutionell mit neuen Sportarten auseinanderzusetzen! (Ausnahme: Wenn man einen Schwangerschafts-Kurs beginnt.)
Wie aktiv Frauen in ihrer Schwangerschaft sein dürfen, hängt davon ab, wie sportlich sie vorher waren. Die Trainingsintensität darf in keinem Fall gesteigert werden! Sportlerinnen können weiterhin trainieren, sollten jedoch die Intensität hinsichtlich Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit im Laufe der Monate immer mehr drosseln!
Werdende Mütter, die vorher gar keinen Sport betrieben haben, sollten sich in die Hände von Trainern begeben, die sich auf praenatales Training spezialisiert haben und nur sehr sanft trainieren; empfehlenswert sind Kurse wie Schwangerschafts-Gymnastik, Schwangerschaftsyoga, -Pilates oder -Aquagymnastik.
2. Auf die Signale des Körpers hören:
Die Signale des Körpers immer ernst nehmen! Der schwangere Körper ist weniger belastbar und hat – in Abhängigkeit von den Entwicklungsschüben des Kindes – gute und schlechte Tage. Wenn eine Schwangere sich unfit, müde oder lustlos fühlt, signalisiert der Körper Ruhebedürfnis. Jetzt kann ein Spaziergang an der frischen Luft gut tun, anstrengende sportliche Betätigung ist nicht angesagt!
Vor allem während des Trainings immer auf auf die Signale des Körpers horchen! Falls in irgendeiner Form Unwohlsein auftritt, sollte die Betätigung abgebrochen werden. Unwohlsein oder leichtes Schwächegefühl kommen schnell vor und sind kein Grund zur Beunruhigung, sondern nur ein Grund für Pause und Ruhe. In der Regel verschwindet das Unwohlsein schnell wieder, sobald die Frau sich ausruht – falls nicht, muss ein Arzt angerufen werden.
3. Alarmsignale:
In seltenen Fällen kommt es während des Sports zu gravierenden Auffälligkeiten bzw. Beschwerden bei denen sofort ein Arzt aufgesucht werden muss:
- bei vaginalen Blutungen
- bei vaginalem Ausfluss
- bei frühzeitigen Wehen
- bei plötzlichen Schmerzen oder Schwellungen in den Gelenken, den Händen oder dem Gesicht
- bei starken Kopfschmerzen
- bei Sehstörungen
- bei plötzlich auftretender starkem Schwindel
- bei Schwellung, Schmerz oder Rötung in einer Wade
- bei ungewöhnlich starkem Herzklopfen oder Brustschmerzen
- bei Schmerzen, Krämpfen oder Muskelkontraktionen im Bereich des Bauches
4. Welche Sportart ist ungeeignet?
Schwangere haben ein höheres Verletzungsrisiko, zum Einen durch die Hormonumstellung, die das Bindegewebe (also auch Sehnen, Bänder etc.) lockerer macht, zum Anderen durch die veränderten Körperproportionen, die sowohl Körperwahrnehmung als auch Koordinationsfähigkeit beeinträchtigen (z.B. können Schwangere schlechter balancieren.) Die Frauen sollten sich bewusst machen, dass ihr Körper nicht mehr so selbstverständlich funktioniert wie sonst. Es gilt also, jede Sportart vorsichtiger zu betreiben!
Absolut ungeeignete Sportarten:
- Extremsport ist als ungeeignet anzusehen: Unter Extremsport versteht man gemeinhin das Herangehen an sportliche bzw. körperliche Grenzen, was oftmals mit hohen Risiken verbunden ist. Beispiele für Extremsport sind: Paragliding, Tieftauchen, Kitesurfen, Motorradakrobatik, Marathon oder Eisschwimmen. Auch, wenn eine Frau jahrelang schon Extremsport betreibt, sollte sie in der Schwangerschaft Abstand davon nehmen, denn die extremen Leistungen und extremen Bedingungen überfordern ihren Organismus UND den kleinen, unfertigen Organismus des Babys.
- Wettkampfsport ist ungeeignet: Wettkampfsport (z.B. Tennis oder Leichtathletik), geht im Training und vor allem im Wettkampf an körperlichen Grenzen, durch den Ehrgeiz und das Adrenalin merkt man dann oft nicht, dass man sich in einer sehr hohen Belastungszone befindet. Wettkampfsport bringt die Schwangere und das Ungeborene körperlich sowie psychisch in großen Stress.
- Kontaktsportarten sind als ungeeignet anzusehen: Alle Sportarten, die Kämpfe um den Ball beinhalten und/oder viele Rangeleien mit sich bringen, bergen das Risiko von Schlägen oder Stößen in den Bauch (z.B. Fußball, Handball, Hockey, Kampfsportarten). Außerdem kommt es bei Kontaktsportarten schnell mal zu Verletzungen (z.B. Bänderriss), die medikamentös behandelt werden müssen, was wiederum schlecht für das Ungeborene ist.
- In der Schwangerschaft sind Sportarten, die Sturzrisiken bergen, mit Vorsicht zu genießen: Sportarten wie z.B. Wintersport, Klettern oder Reiten sind nicht empfehlenswert. Diese Sportarten sind von der Bewegungsform her eigentlich unproblematisch, sie stellen nur dann ein Risiko dar, wenn man stürzt. Manche Schwangere entscheiden sich trotzdem, ihre Sportart weiter zu betreiben, weil sie sehr geübt sind und einen Sturz ausschließen. Diese Entscheidung sollte sehr umsichtig und unter Berücksichtigung folgender Aspekte getroffen werden: Oft hängt die Sturzgefahr nicht nur vom eigenen Können ab, sondern auch von äußeren, unkontrollierbaren Faktoren wie z.B. anderen Sportlern oder einem Tier (Snowboarden, Reiten etc.). Ein Sturz kann eine Fehlgeburt auslösen. Selbst ein kleiner Sturz, bei dem die Frau sich „nur“ die Hand bricht, schadet dem Baby, weil Medikamente zum Einsatz kommen.
- Schwanger sollten hohe Stoßbelastungen vermeiden: Hohe Stoßbelastungen bedeuten eine zu starke Belastung für den Beckenboden. Zu Beginn der 9 Monate muss sich der Embryo erst einmal in der Gebärmutter einnisten und platzieren, daher sollte dieser Bereich nicht zu stark erschüttert werden. Später muss der Beckenboden das Gewicht der wachsenden Gebärmutter tragen und sollte nicht zusätzlich belastet werden. Dazu kommt, dass auch die Gelenke nicht mehr so stabil sind wie sonst und nicht mehr die gleichen Belastungen aushalten wie früher. Das bedeutet, Schwangere sollten die Schritte beim Aerobic im Low-Impact statt im High-Impact (= gesprungene Schritte) ausführen und beim Joggen die Intensität drosseln.
5. Welche Sportart ist gut geeignet?
- Generell können Schwangere die Sportart betreiben, die Ihnen Spaß bereitet, sofern die Sicherheitsregeln berücksichtigt werden. Spaß und Freude tun Mutter und Kind gut!
- Der Gang ins Fitnessstudio ist sehr zu empfehlen, denn hier kann ein risikoarmes und moderates Ausdauer- und Kraftprogramm durchgeführt werden. Außerdem bieten die unterschiedlichen Cardio-Geräte bis zum Ende der 9 Monate bequeme Trainingsmöglichkeiten – sehr gut eignet sich z.B. der Crosstrainer (keine Stoßbelastung wie beim Laufen) und das Liegerad (wenig Druck nach unten auf den Beckenboden). Beim Training im Fitnessstudio ist es wichtig, auf die richtige Trainingsintensität zu achten.
- Besonders positiv wirken sich gezielte Schwangerschafts-Kurse aus, da sie die schwangerschaftsbedingten Schwachstellen berücksichtigen und den Körper auf die Geburt vorbereiten.
- Sehr gut geeignet für Schwangere ist das Wasser: Vor allem zum Ende hin ist das Wasser der angenehmste Ort für Sport. Falls beim Brustschwimmen Beschwerden im Hals- oder Lendenwirbelbereich entstehen, sollte auf Kraulen oder Rückenschwimmen umgestellt werden. Besonders empfehlenswert sind Aquajogging und Aquagymnastik. Es gibt spezielle Kurse für Schwangere, man kann aber auch einfach alleine loslegen, denn im Wasser kann man nichts falsch machen.
- Bewegung an der frischen Luft ist immer gut! Irgendwann werden Spaziergänge und Radtouren beschwerlicher werden, aber mit kleinen Tricks können Schwangere eigentlich bis zum Ende draußen aktiv sein: Zum Beispiel ist ein bequemes Hollandrad bestens geeignet, beim Spazieren können gut gefederte, stabile Sportschuhe und/oder Nordic-Walking-Stöcke (alternativ Skistöcke) helfen.
Schreibe einen Kommentar